Magere Jahre für Lothringen

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Sparen ist angesagt in Lothringen. Das Budget 2014 wird das erste in einer Reihe von Sparhaushalten sein, kündigte Präsident Jean Pierre Masseret an. Der Haushalt der Region Lothringen liegt bei etwa einer Milliarde Euro.

Der Präsident des Regionalrates, Jean-Pierre Masseret, hat den Haushalt als den Beginn magerer Jahre für Lothringen charakterisiert. Der Haushalt weist auf der einen Seite eine Steigerung von 3,4 Prozent auf, die aber angesichts der indiziellen Steigerungen in Wirklichkeit nur eine Stagnation bedeutet.

Der wesentliche Punkt des Haushaltes liegt in den Funktionskosten des Regionalrates. Sie sinken zwar um 3,8 Prozent, betragen mit 674 Millionen Euro aber zwei Drittel des Budgets. Masseret hat also nur wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Im neuen Haushalt sind 190 Millionen für Investitionen vorgesehen, die um 15,6 Prozent steigen sollen. Aus vorherigen Haushalten kommen geplante, aber noch nicht realisierte Investitionen in Höhe von 136 Millionen hinzu.

Konflikt mit der SNCF

Der Haushalt der Region Lothringen zeigt in seiner Struktur, in welchem Maße staatliche Einflüsse Wirtschaft und Gesellschaft bestimmen. So sind in diesem Jahr 156 Millionen für den regionalen Eisenbahnverkehr vorgesehen, der ein wesentlicher Bestandteil der regionalen Strukturpolitik ist. Die Regionen kaufen in Frankreich die Regionalzüge, die dann von dem Eisenbahn-Unternehmen SNCF nach Absprache mit der Region betrieben werden. Masseret befindet sich in diesem Zusammenhang in einem Konflikt mit der SNCF. Er wirft eine zu hohe Berechnung ihrer Leistungen vor und fordert 25 Millionen Euro zurück. Eine Ausschreibung der Regionalstrecken und damit ein Übergang zum Konkurrenz-System, das in Deutschland insbesondere im Nahverkehr die Eisenbahn-Struktur verändert hat, kennt Frankreich nicht.

Nicht anders sieht es bei der Berufsausbildung aus. Frankreich geht von dem System aus, dass der Staat ausbildet und den Unternehmen die jungen Leute dann anbietet. Diese Art der Ausbildung hat Frankreich den Regionen übertragen. Lothringen gibt für die berufliche Ausbildung im gerade begonnenen Jahr 164 Millionen Euro aus. Zum Vergleich: In Deutschland erfolgt die praktische Ausbildung in den Unternehmen oder von den Unternehmen getragenen zentralen Ausbildungsstätten, die Ausbildung in allgemeinen Fächern in der Berufsschule. Die berufliche Ausbildung liegt in Deutschland in der Hand der Wirtschaft, in Frankreich beim Staat.

Eine Verschuldung von 700 Millionen Euro

Im Bereich Schulbildung hat sich Frankreich ein mehr als kompliziertes System einfallen lassen. Kindergärten, Kindertagesstätten und Grundschulen liegen in der Verantwortung der Gemeinden, die Mittelschulen („collèges“) in der Verantwortung der Départements und Gymnasien in der Verantwortung der Regionen. Lothringen hat 174 Millionen im Haushalt vorgesehen.

Der wesentliche Punkt im Haushalt der Region Lothringen ist die Verschuldung. Sie zeigt das Dilemma Lothringens. Die Verschuldung liegt bei 700 Millionen Euro. Die derzeit jährlich aufzubringenden Zinsen betragen 34 Millionen Euro. Das ist wenig, weil die Zinsen niedrig sind. Bei einer Veränderung der Politik der Europäischen Zentralbank riskiert Lothringen wesentlich höhere Zinsen. Die sind auch dann möglich, wenn die internationalen Ratingagenturen die Schulden Frankreichs kritischer betrachten. Die Ratingagentur Moody’s hat Frankreich gerade den Status „Aa1“ bestätigt, allerdings mit negativem Ausblick.

Die Schulden selbst bestehen zur Hälfte aus der Beteiligung der Region an den Baukosten des TGV Est. Die Schulden sind Bestandteil einer falschen französischen Strukturentscheidung, die Hochgeschwindigkeitszüge vor allem in den Süden und in den Westen zu bauen. Aber auch in Lothringen selbst fiel eine falsche Entscheidung, als die Region den Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke ablehnte. Als die lothringischen Politiker einem etappenweisen Ausbau schließlich zustimmten, hatte Paris kein Geld mehr. Also finanzierten die Regionen, Départements und Städte, die der TGV heute durchquert und anfährt, den Hochgeschwindigkeitszug.

Gegenkurs

Masseret scheint jetzt allerdings einen Gegenkurs anzusteuern. Wo spart die Region? Sie streicht ihr Kulturbudget um 1,2 Millionen Euro zusammen. Die symbolischen 0,12 Prozent reichen aber bereits, um in der Region heftige Diskussionen ausbrechen zu lassen. Denn: Masseret setzt den Rotstift beim Centre Pompidou Metz an und kürzt seinen Beitrag um eine Million auf drei Millionen Euro. Damit ist gleichzeitig Kritik verbunden.

Denn das Metzer Museum wird von seinem Mutterhaus in Paris nicht gestützt, sondern muss aus sich selbst heraus leben, was Masseret kritisiert. Auf Dauer wird die Symbolik aber nicht reichen. Denn die französische Regierung will die Regionen und die Kompetenzen verändern. Die Regionen werden dann einen klaren Kurs mit Schwerpunkten fahren müssen.