ArcelorMittal verkauft seinen Hafen

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Das Mosel Département soll schon im kommenden Jahr über einen eigenen neuen Industriehafen in Illange verfügen. Die Verhandlungen mit ArcelorMittal über Verkauf und Ankauf laufen.

Bodenständig und konsequent in seiner Arbeit, so kann man den Präsidenten des Generalrates in Metz, Patrick Weiten, wohl am ehesten bezeichnen. Weiten hat sich seit langem in den Kopf gesetzt, dass die Lebensader Lothringens, die Mosel mit ihren Häfen, eine neue, klare Struktur benötigt. Sein Département, das den Namen des Flusses trägt, hat dabei den Vorteil, Abnehmer der Produkte zu sein, die auf dem Fluss transportiert werden. Eisenerz und Kohle zur Stahlherstellung, Stahlprodukte sowie Getreide. In der Nachbarschaft, im Großraum Nancy befindet sich der Hafen Frouard für Produkte aus dem Süden Lothringens wie etwa Holz und Holzprodukte.

Ein Hafen an sich aber reicht nicht, erkannte Weiten. Es braucht multimodale Plattformen, die nach Möglichkeit Wasser, Straße, Eisenbahn und auch Flughafen miteinander verbinden. Dies um so mehr, als die Nordseehäfen wie Rotterdam oder Antwerpen ein Hinterland brauchen, um die Waren aufzufangen und zu bündeln. Zusätzlich müssen die Häfen ausgerüstet sein, um Container umzuschlagen. Die Statistiken der Moselkommission zeigen, dass der Warentransport auf der Mosel sich verändert. Eisenerz wird kaum noch transportiert. Kohle nur noch, so lange in Florange die Kokerei arbeitet. Dafür hat sich der Hafen von Trier bereits umgestellt in einen Multimodalhafen, der Container umschichtet.

Plan

In den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat der frühere Präsident des Generalrates in Metz, Philippe Leroy, für sein Mosel-Département den Plan erarbeitet, dass für ansiedlungswillige Unternehmen Flächen und Fabrikgebäude vorzuhalten seien. Weiten hatte damals in mühseliger Kleinarbeit eine riesige Fläche von 120 Hektar bei Illange zusammengekauft, die seit 1996 darauf wartete, entdeckt zu werden. Seit vergangenem Jahr wird auf dieser Fläche daran gearbeitet, unter dem Projektnamen Terra Lorraine einen großen Chinapark zu bauen. Er soll europäischer Brückenkopf für chinesische Unternehmen und deren Produkte werden. Im Laufe der Zeit sollen direkt an der Autobahn Thionville-Luxemburg bis zu 3.000 Arbeitsplätze entstehen.

Weiten arbeitet seit 2010 daran, die Gemeinden und die Gemeindeverbände unter einen Hut zu bringen, um diesem Projekt den zukünftigen mosellanischen Industriehafen zur Seite zu stellen. Der Generalrat hat für den Hafen von Illange und den von Metz insgesamt 280 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Im vergangenen Jahr noch schien es so, als ob diese Pläne zum Scheitern verurteilt seien. Der Hafen von Illange ist mit 185 Hektar im Besitz von ArcelorMittal. Der Stahlkonzern schien nicht bereit, sich von dem Hafen zu trennen. Weiten ging sehr weit und drohte Ende 2012, ArcelorMittal zu enteignen. Keine leere Drohung, denn sein Département braucht den Hafen.

Verhandlungen

Nicht einmal sechs Monate später hat sich die Situation völlig verändert. „Das Département befindet sich in aussichtsreichen Verhandlungen mit ArcelorMittal“, sagt Weiten auf tageblatt.lu Nachfrage. ArcelorMittal soll bereit sein, den Hafen zu verkaufen. Nicht nur das: Das interne Logistik-Unternehmen Gépor des Stahlgiganten sei auch bereit, bei der Umgestaltung des Hafens in eine multimodale Anlage zu helfen und stünde Nutzern auch als Logistik Unternehmen mit Erfahrung im multimodalen Geschäft zur Verfügung.

Weiten: „Ein Angebot, dem wir geneigt gegenüberstehen, um die Mitarbeiter von Gépor nicht arbeitslos zu machen“ Sechs Gemeindeverbände sind mit diplomatischem Geschick von Weite und seinem sozialistischen Gegenspieler, Philippe Tarillon, Bürgermeister von Florange unter einen Hut gebracht worden und bilden nun als „G6“ die Träger der Gesellschaft „Europort“, hinter der sich der Hafen von Illange verbirgt. Die Handelskammer des Mosel-Départements in Metz wird zehn Millionen Euro investieren um den Hafen auszurüsten und ihn zu betreiben. „Im ersten Vierteljahr 2014 werden die ersten Container im Europort Illange angelandet und umgeschlagen“, sagt Weiten.

Umweltfrage

Gelöst ist damit nicht die Umweltfrage. Denn hier handelt es sich um ein Gelände, das über 50 Jahre und mehr industriell genutzt wurde. ArcelorMittal ist gesetzlich verpflichtet, das Gelände zu säubern. Weiten: „Wir werden allerdings wohl nicht alle 185 Hektar auf einer Tiefe von vier Metern säubern müssen. Dort, wo die Container gelagert werden, müssen wir den Boden wohl nur einfassen oder teilweise abtragen und mit einer Betonschicht versehen. Das Gelände wird zu diesem Zweck der in den 90er Jahren eigens gegründeten Organisation zur Revalorisierung von Industrieflächen übergeben.

Weiten ist es nicht nur gelungen, die Gemeindeverbände unter einen Hut zu bringen. Die Häfen trugen alles in sich, um einen in Lothringen üblichen jahrelangen fruchtlosen Streit auszutragen. Tatsächlich gelang eine Einigung zwischen Metz und Thionville/Illange. Zusätzlich überwand er die übliche Eifersucht zwischen Metz und Nancy und konnte eine Lösung für den Hafen von Frouard vorschlagen.

Beschluss

Es gehört zum guten Ton im Metzer Generalrat, der einem Herrenclub mit einigen Damen, darunter der französischen Kulturministerin gleicht, dass man in Sachfragen nicht wirklich streitet. So kooperierte Weiten von Beginn an mit seinem sozialistischen Widersacher Philippe Tarillon, führte auch die Gespräche mit ArcelorMittal mit ihm gemeinsam. Tarillon war es auch, der das Projekt am Donnerstag früh im Generalrat vortrug und zur Abstimmung stellte. Der einstimmige Beschluss sollte sicher stellen, dass tatsächlich im kommenden Frühjahr der Containerhafen in Betrieb geht.

Das ist für Luxemburg nicht unwichtig. Luxemburg besitzt keine multimodale Plattform dieser Art. Andererseits gibt es einen Eisenbahnanschluss sowohl im Europort als auch in der Logistik-Plattform Bettemburg. „Der Hafen von Illange wird ein Hafen von Luxemburg“ hatte der frühere Wirtschaftsminister Jeannot Krecké einst bemerkt. Eine Auffassung, der sich auch sein Nachfolger anschließt. Zwischen Thionville und Bettemburg wird nach und nach eine interregionale Logistik-Region entstehen.

(Helmut Wyrwich / Tageblatt.lu)