Großbritannien verliert Top-Bonität

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(dpa)

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Großbritannien präsentierte sich trotz enorm schwieriger Wirtschaftsaussichten bisher gern als sicherer Hafen in der Eurokrise. Doch nun entzieht erstmals eine große Ratingagentur dem Land die Bonitäts-Bestnote.

Rückschlag für Großbritannien: Erstmals hat eine der drei großen Ratingagenturen dem EU-Land die Bestnote bei der Kreditwürdigkeit entzogen. Die Ratingagentur Moody’s hat Großbritannien die Top-Bonität Aaa entzogen und das Land auf Aa1 herabgestuft. Ursache seien die schwache Konjunktur und die steigende Verschuldung, teilte Moody’s am Freitagabend in London mit. Die mittelfristige Wachstumserwartung in Großbritannien sei „schleppend“, heißt in der Mitteilung von Moody’s.

Auch die anderen beiden großen Ratingagenturen, Standard & Poors und Fitch, haben die drittgrößte Volkswirtschaft der EU seit geraumer Zeit auf einem negativen Ausblick. Im vergangenen November hatte Moody’s bereits Frankreich die Bestnote in Sachen Kreditwürdigkeit entzogen.

Großbritannien mit „Schuldenproblem“

Großbritannien will angesichts der Entscheidung nicht von seinem Sparkurs abweichen. Der britische Finanzminister George Osborne sagte in einer ersten Reaktion am Freitagabend, die Aktion der Ratingagentur sei ein „deutliche Erinnerung daran, welch ein Schuldenproblem unser Land hat“. Er kündigte an, die Regierung werde bei ihrem Sparkurs bleiben. „Diese Entscheidung schwächt nicht unsere Entschlossenheit, mit dem Plan zur wirtschaftlichen Erholung fortzufahren, sie verdoppelt sie“, sagte der Finanzminister.

Die Opposition nannte die Herabstufung jedoch „beschämend“. Es habe jetzt zwei Jahre lang kein Wachstum in Großbritannien gegeben, das Defizit wachse. „Der Finanzminister verliert an Glaubwürdigkeit“, sagte Labour-Finanzexperte Ed Balls. Als vor Jahren unter der Labour-Regierung nur Großbritanniens Ausblick auf negativ gesetzt wurde, habe Osborne selbst nach Neuwahlen gerufen. Finanzstaatssekretär Danny Alexander von den Liberaldemokraten nannte die Herabstufung enttäuschend, das Rating sei aber nur eines von mehreren Kriterien.

Großbritannien steckt seit der Finanzkrise 2008 tief in der Schuldenfalle. Das Land ist nach internationalen Statistiken mit 86 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verschuldet. Osborne hatte bereits in seinem Herbststatement im Dezember bekannt, dass der Schuldenabbau mangels Wachstum nicht vor dem Haushaltsjahr 2015/2016 gelingen könne.

Sparzwang gegen Neuverschuldung

Die 2010 angetretene Regierung von Premierminister David Cameron hatte versucht, die Neuverschuldung mit massiven Haushaltskürzungen in den Griff zu bekommen. Das Konzept ging bisher jedoch nicht auf. Experten gehen davon aus, dass das Haushaltsdefizit von zuletzt knapp sieben Prozent 2013 wieder steigen wird. Die Regierung hatte sich etwas Linderung von der Versteigerung von 4G-Mobilfunklizenzen versprochen. Die Auktion spülte Mitte der Woche aber 1,2 Milliarden Pfund weniger in die Staatskasse, als erhofft.

Der Kurs des britischen Pfundes ist seit Monaten auf Talfahrt, sowohl im Vergleich zum Euro als auch zum US-Dollar. Die britische Notenbank hatte vor kurzem erklärt, die Inflation werde in den nächsten Jahren nicht auf die Zielmarke von zwei Prozent zu drücken sein und eher bei drei Prozent liegen.