Görings Unterhose unterm Hammer

Görings Unterhose unterm Hammer
(dpa Dena)

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Hermann Historica hat die Auktion angeblich persönlicher Gegenstände von Adolf Hitler und Hermann Göring angekündigt.

Dass sich mit historischen Nazi-Objekten gutes Geld verdienen lässt, ist kein Geheimnis. Motörhead-Frontmann Lemmy Kilmister zum Beispiel, im vergangenen Jahr gestorben, machte kein Geheimnis daraus, dass er persönliche Gegenstände von Adolf Hitler und Eva Braun besaß. Was nun in einem Münchner Auktionshaus unter den Hammer kommen soll, ist dennoch bemerkenswert.

Hermann Historica, bekannt für Versteigerungen historischer Gegenstände wie der Tasche von Zar Alexander I. oder des Hausmantels von Kaiser Franz Joseph, hat die Auktion angeblich persönlicher Gegenstände von Adolf Hitler und Hermann Göring angekündigt – und persönlich ist dabei sehr wörtlich gemeint. Unter den Hammer soll am 18. Juni zum Beispiel eine Seidenunterhose mit einer Bundweite von 114 Zentimetern kommen. Es ist angeblich Görings Schlüpfer, der da versteigert werden soll.

„Silk (Seide) Heil“

Die Unterhose, die die „Sun“ in England zu der Schlagzeile „Silk (Seide) Heil“ hinriss, ist nur eines von mehreren Objekten. Nach Angaben des Auktionshauses wird auch der Messingbehälter für die Blausäure versteigert, mit der sich Göring kurz vor seiner geplanten Hinrichtung in Nürnberg umbrachte. Außerdem Röntgenaufnahmen Adolf Hitlers und Untersuchungsberichte nach dem Attentat vom 20. Juli 1944, seine Feldjacke oder ein Teil des Stricks, mit dem „Stürmer“-Herausgeber Julius Streicher in Nürnberg hingerichtet wurde. „Hitler und die Nazi-Granden – ein Blick in den Abgrund des Bösen“ ist der Katalog zur Auktion überschrieben.

All das soll aus der Sammlung des inzwischen gestorbenen US-Arztes John K. Lattimer stammen, der während der Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse für die medizinische Versorgung der Angeklagten verantwortlich war und Ende der 1990er Jahre als Urologe an der Columbia Universität in New York das Buch „Hitlers Fatal Sickness and Other Secrets of the Nazi Leaders“ (Hitlers tödliche Krankheit und andere Geheimnisse der Nazi-Führer) auf den Markt gebracht hat.

„Ein relativ großer Markt“

„In dem Umfeld der Nürnberger Prozesse waren so viele Menschen beteiligt, Wachpersonal, Ärzte, Psychologen. Da kann es durchaus sein, dass jemand etwas mitgenommen hat“, sagt der Historiker Andreas Mix vom Memorium Nürnberger Prozesse. Man müsse die Herkunft der Objekte genauer prüfen, aber da hielten Auktionshäuser sich oft bedeckt.

„Vor circa anderthalb Jahren wurde zum Beispiel Hitlers Bartbürste versteigert. So etwas ist leider gang und gäbe. Es ist ein relativ großer Markt“, sagt Albert Feiber, stellvertretender Leiter der Dokumentation Obersalzberg. Seiner Einschätzung nach ist Hermann Historica „in der Gesamtheit eines der seriöseren Häuser“, die sich in dem Markt, den Feiber einen „Graubereich“ und „Schmuddelmarkt“ nennt, bewegen. Wolfgang Hermann, Mitinhaber von Hermann Historica, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, das Auktionshaus habe die Sammlung von Lattimers Tochter bekommen.

„Geschmacklos, makaber und skurril“

Weitere Anfragen zur Auktion lehnt das Haus ab. Nur so viel kommt per E-Mail: „Erklärtes Ziel der Hermann Historica ist es, den sozialen Frieden nicht zu stören oder Gefühle zu verletzen. Die Hermann Historica ist sich der verhängnisvollen deutschen Geschichte von 1933 bis 1945 völlig bewusst und lehnt alle neonazistischen und nationalsozialistischen Strömungen strikt ab.“

Das Auktionshaus will sich mit der Versteigerung nach eigenen Angaben vor allem an Museen richten und der Wissenschaft dienen. „Der Paragraf 86a des Strafgesetzbuches verbietet den Handel mit verfassungsfeindlichen Propagandamitteln und damit auch Nazi-Devotionalien“, sagt Feiber. „Jeder, der so etwas kauft, muss unterschreiben, dass er es für wissenschaftliche Zwecke und für Zwecke der historisch-politischen Bildung kauft. Aber wer überprüft das?“

„Für solche Objekte werden hohe Preise aufgerufen. Kaum ein deutsches Museum kann und will bei diesen Preisen mitgehen“, sagt Historiker Mix. Jürgen Zarusky vom Institut für Zeitgeschichte in München betont: „Um den Nürnberger Prozess zu verstehen, helfen solche Relikte in der Regel sehr, sehr wenig. Da ist Intellekt gefragt – und nicht der Grusel-Faktor.“

Manche Objekte seien einfach „geschmacklos, makaber und skurril“, sagt Mix. „Diese Unterhose in XXL von Göring – welchen Aussagewert soll die haben?“