Gates rechnet mit Obama ab

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Zweieinhalb Jahre nach seinem Abschied als US-Verteidigungsminister hat Robert Gates ein durchwachsenes Führungszeugnis für Präsident Barack Obama ausgestellt.

Obama habe als Oberbefehlshaber der Armee nicht „an seine eigene Strategie“ im Afghanistan-Krieg geglaubt und der Militärführung misstraut, zitieren US-Zeitungen aus einem neuen Buch des früheren Pentagon-Chefs. Andererseits habe Obama letztlich „in allen Einzelentscheidungen richtig“ gelegen und sich als „Mann persönlicher Integrität“ erwiesen.

Der Präsident sei nach der Aufstockung der Afghanistan-Truppe um mehr als 30.000 US-Soldaten von Zweifeln geplagt gewesen, schildert Gates laut Berichten der „New York Times“ und der „Washington Post“. „Obama war skeptisch, wenn nicht sogar regelrecht überzeugt, dass es scheitern würde“, heißt es in dem Buch, das am 14. Januar unter dem Titel „Duty: Memoirs of a Secretary of War“ (wörtlich: „Pflicht: Erinnerungen eines Kriegsministers“) erscheint.

Negativer Einfluss

Darin schildere Gates in unverblümten Worten ein Treffen im Weißen Haus vom März 2011. „Als ich da saß, dachte ich: Der Präsident traut diesem Kommandeur nicht, er kann (den afghanischen Präsidenten Hamid) Karsai nicht ausstehen, glaubt nicht an seine eigene Strategie und betrachtet diesen Krieg nicht als den seinen.“ Alles, was für Obama gezählt habe, sei „da rauszukommen“. Negativen Einfluss auf den Präsidenten und dessen Haltung zum Militär hätten auch zivile Berater genommen.

„Das Misstrauen ranghoher Mitarbeiter im Weißen Haus – inklusive des Präsidenten und seines Stellvertreters – gegenüber führenden Militärvertretern wurde zum großen Problem für mich“, schreibt Gates in den veröffentlichten Auszügen. Er habe gar kurz vor einem Rücktritt gestanden, weil er „wirklich verstört“ gewesen sei „über das mangelnde Verständnis des Weißen Hauses für Unsicherheiten und Unwägbarkeiten des Krieges“.

CIA-Chef

Gates war von 2006 bis 2011 US-Verteidigungsminister. Der Republikaner hatte dieses Amt sowohl unter seinem Parteifreund George W. Bush als auch unter dem Demokraten Obama inne. Seine Karriere startete Gates beim Auslandsgeheimdienst CIA, wo er in 27 Jahren sechs verschiedenen Präsidenten diente. Von 1991 bis 1993 war er CIA-Chef.

Der Nationale Sicherheitsrat verteidigte Obama gegen die gedruckte Kritik: Als Präsident habe er sich im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al-Kaida verdient gemacht und trotzdem „sichergestellt, dass es einen Plan zur Beendigung des Kriegs gibt“, erklärte Ratssprecherin Caitlin Hayden.

Joe Biden

Auch den von Gates verspotteten Vize-Präsidenten Joe Biden nahm sie in Schutz. Über ihn schrieb der frühere Pentagon-Chef den Berichten zufolge: „Er lag bei fast allen wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Themen der vergangenen vier Jahrzehnte falsch.“ Hayden entgegnete, Biden sei nach Meinung Obamas „einer der führenden Staatsmänner seiner Zeit“ und habe „Amerikas Führungsrolle in der Welt vorangetrieben“.

Für Obamas Afghanistan-Strategie hält das Buch bei aller Kritik auch Lob bereit. „Ich glaube, dass Obama in allen Einzelentscheidungen richtig lag“, lautet das Fazit Gates. Zudem sei die Tötung von Al-Kaida-Führer Osama Bin Laden „eine der mutigsten Entscheidungen gewesen, die ich im Weißen Haus je erlebt habe“.