Gaslieferungen werden zum Druckmittel

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Im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland rückt der Streit um die russischen Gaslieferungen zunehmend in den Vordergrund.

Kiew drohte dem Nachbarland am Samstag wegen der jüngsten Preiserhöhungen mit rechtlichen Schritten, während der russische Energiekonzern Gazprom eine milliardenschwere Rückzahlung forderte. Sollte Moskau den Gashahn zudrehen, hätte dies auch erhebliche Auswirkungen auf die Europäische Union, die von russischen Energielieferungen abhängig ist.

Der ukrainische Energieminister Jurij Prodan sagte bei einer Kabinettssitzung, seine Regierung werde den Gazprom-Konzern vor ein internationales Schiedsgericht zerren, sollte dieser Verhandlungen über niedrigere Gaspreise verweigern. Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk erklärte, sein Land werde die neuen Preise nicht akzeptieren. „Russland hat es nicht geschafft, die Ukraine mit militärischer Aggression einzunehmen“, sagte Jazenjuk. „Nun setzen sie Pläne um, die Ukraine durch wirtschaftliche Aggression einzunehmen.“

Gespannte Beziehung

Die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland sind extrem gespannt, seit die proeuropäische Opposition nach monatelangen Protesten Ende Februar den prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch stürzte. Im Zuge des Konflikts annektierte Moskau die ukrainische Halbinsel Krim, nachdem sich die mehrheitlich russischstämmige Bevölkerung dort in einem umstrittenen Referendum dafür ausgesprochen hatte.

In den vergangenen Tagen hatte Russland den Preis für Gaslieferungen um 80 Prozent auf 485,5 Dollar (354 Euro) pro 1000 Kubikmeter angehoben. Zudem forderte Gazprom ausstehende Zahlungen für bereits geliefertes Gas in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar. Am Samstag erklärte Gazprom-Chef Alexej Miller, dass der Konzern darüber hinaus die Rückerstattung eines in den vergangenen vier Jahren gewährten Rabatts von insgesamt 11,4 Milliarden Dollar verlange.

Kein Rabatt mehr

Russlang hatte der Ukraine in einem Abkommen Preisnachlässe für die Nutzung des Marinehafens von Sewastopol auf der Krim bis 2017 gewährt. Nach der Annexion der Krim sei der Gasrabatt hinfällig und müsse zurückgezahlt werden, sagte Miller. Jazenjuk bereitete seine Landsleute darauf vor, dass Russland die Gaslieferungen „entweder begrenzen oder einstellen“ könnte.

US-Vizepräsident Joe Biden warnte Russland, seine Energieexporte als „politische Waffe“ einzusetzen. Moskau hatte die ukrainische Abhängigkeit von russischem Gas in der Vergangenheit wiederholt als Druckmittel eingesetzt. Bei den Gasstreitigkeiten der Jahre 2005 und 2006 sowie 2009 und 2010 schnitt Russland die Ukraine zeitweise von der Versorgung ab. Dadurch gingen auch in zahlreichen europäischen Ländern die Gaslieferungen vorübergehend zurück. Die EU-Staaten decken rund ein Drittel ihre Gasbedarfs aus Russland, davon fließen fast 40 Prozent durch die frühere Sowjetrepublik.

Um Deseskalation bemüht

Die EU-Außenminister befassten sich bei ihrem Treffen in Athen mit der Lage in der Ukraine. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief Moskau zur „Deeskalation“ auf.

Die US-Ratingagentur Moody’s senkte die Kreditwürdigkeit der Ukraine unterdessen weiter von „Caa2″ auf Caa3“. Das Risiko politischer Spannungen vor der Wahl im Mai sei hoch, teilte Moody’s mit. Eine weitere Destabilisierung des Landes im Osten und im Süden sei nicht auszuschließen. Die Ukraine benötigt internationale Finanzhilfen, um einen Staatsbankrott abzuwenden.