Gaddafi schäumt vor Wut

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(AP)

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Obwohl Libyens Staatschef Gaddafi weitgehend die Kontrolle über sein Land verloren hat, denkt er nicht an Rücktritt. Seinen Gegnern schleudert er Hasstiraden entgegen.

Trotz schwindender Macht und bürgerkriegsähnlicher Zustände schließt Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi einen Rücktritt aus. „Ich bin kein Präsident, der zurücktreten kann“, sagte der vor Wut schäumende Revolutionsführer eine Woche nach Beginn des Aufstands mit vielen hundert Todesopfern in einer Fernsehansprache. „Ich werde als Märtyrer sterben wie meine Großväter“, sagte der ganz in Braun gekleidete Oberst am Dienstag.

USA für „angemessene Schritte“ gegen Gewalt
US-Außenministerin Hillary Clinton strebt als Antwort auf die Gewalt in Libyen zusammen mit der Weltgemeinschaft „angemessene Schritte“ an. Sie sagte am Dienstag in Washington aber nicht, ob dies auch Sanktionen gegen Tripolis beinhalte. Zugleich verurteilte Clinton das Blutvergießen erneut und drängte auf Reformen in der gesamten Region. Die Gewalt sei „völlig inakzeptabel“.
dpa

UN-Sicherheitsrat berät über Libyen
„Wir brauchen dieses Treffen, damit ein schnelles, klares Signal des Sicherheitsrates nach Libyen geht, dass die Gewalt gegen Demonstranten gestoppt wird“, sagte ein Diplomat. Das Treffen ist nicht öffentlich, es können aber Vertreter aller 192 UN-Staaten daran teilnehmen. Die anschließenden Beratungen finden dann wieder im Kreis der 15 Sicherheitsratsmitglieder statt.
dpa

Laut Gaddafi seien die Demonstranten von ausländischen Kräften aufgeputscht worden. Die Demonstranten hätten unter Drogen gestanden. Der libysche Machthaber rief seine Anhänger auf, auf die Straße zu gehen. Er warnte davor, dass das Land von ausländischen Kräften besetzt werden könnte, die dann ein zweites Afghanistan schaffen würden. Jeder der Libyen angreife, werde bestraft und hingerichtet, so Gaddafi, der aus seinem grünen Revolutionsbuch zitierte.

„Revolution, Revolution“

Gaddafi versprach den Libyern eine Reihe von nicht näher definierten Reformen. Die lokale Selbstverwaltung solle ausgebaut werden. „Morgen bauen wir eine neue Dschamahirija.“ Mit dieser arabischen Wortschöpfung bezeichnet Gaddafi die „Herrschaft durch das Volk.“ Seine Rede beendete er mit den Worten „Revolution, Revolution.“

Unterdessen haben die Gegner Gaddafis nach eigenen Angaben fast ganz Libyen unter ihre Kontrolle gebracht. Überall im Land seien Armee-Einheiten und Sicherheitskräfte übergelaufen, sagten ranghohe libysche Funktionäre, die auf Distanz zu Gaddafi gegangen sind, der Nachrichtenagentur dpa. Die Aufständischen beherrschten bereits 90 Prozent des Landes.

Zahlreiche Vermisste

Das Ausmaß der Gewalt in dem nordafrikanischen Land blieb auch am Dienstag unübersichtlich. Die Opposition geht von bislang 560 Toten bei Ausschreitungen und brutalen Übergriffen der Sicherheitskräfte aus. Gaddafi-treue Einheiten sollen in den vergangenen Tagen schwere Waffen und auch Kampfflugzeuge eingesetzt haben. Allein in der von Regimegegnern kontrollierten Stadt Bengasi sollen bislang etwa 400 Menschen ums Leben gekommen sein. Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete am Dienstag, etwa 1400 Menschen würden noch vermisst.

Aus Furcht vor neuerlichen Gewaltorgien startete das Ausland eine große Rückholaktion für Staatsbürger aus dem nordafrikanischen Land.