Französisches Genozid-Gesetz gestoppt

Französisches Genozid-Gesetz gestoppt
(dpa)

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Im Streit um das französische Völkermordgesetz zeichnet sich vorerst Entwarnung ab. Die Pariser Verfassungshüter stoppten es als Verstoß gegen die Meinungsfreiheit. Das Gesetz war zu einer schweren Belastungsprobe für die türkisch-französischen Beziehungen geworden.

Das von der Türkei heftig kritisierte französische Völkermordgesetz ist von Pariser Verfassungshütern zu Fall gebracht worden. Es schränke die Meinungsfreiheit ein, urteilte das höchste politische Kontrollgremium, der Verfassungsrat, am Dienstag in Paris. Präsident Nicolas Sarkozy kündigte daraufhin einen neuen Gesetzestext an, der die Bedenken des Verfassungsrates berücksichtigt. Der umstrittene Text hatte heftige türkische Proteste ausgelöst und die Beziehungen zwischen beiden Ländern schwer belastet. Es stellt die Leugnung von Völkermorden unter Strafe, die Paris offiziell als solche einstuft.

Darunter fällt neben der Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs. Die Türkei bestreitet einen solchen Genozid und hat wegen des Gesetzes mit dem Abbruch aller politischen und wirtschaftlichen Beziehungen gedroht. Mitte Dezember hatte die Türkei zeitweise ihren Botschafter zu Konsultationen in die Heimat zurückgeholt und die militärischen Beziehungen zu Frankreich eingeschränkt.

„Ich hoffe, dass alle Seiten daraus lernen“

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu bewertete das Urteil positiv. Seine Regierung werde nun prüfen, ob gegen Frankreich verhängte wirtschaftliche und militärische Sanktionen aufgehoben werden könnten, sagte er in Ankara. „Ich hoffe, dass alle Seiten daraus lernen.“ Ein Sprecher der türkischen Botschaft in Paris sagte, der Spruch des Verfassungsrates unterstreiche den Respekt des institutionellen Frankreichs vor dem Gesetz. Allerdings meinte er mit Blick auf die Regierung, sie habe gegen die türkisch-französischen Interessen gehandelt. „Das werden wir nicht vergessen“, betonte Engin Solakoglu.

Nach scharfer Kritik am französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy hatte Ankara aber zunächst darauf verzichtet, angekündigte weitere Sanktionen in Kraft zu setzen. Die Türkei sah in dem Gesetz vor allem ein wahltaktisches Manöver Sarkozys, um sich die Stimmen der armenischstämmigen Franzosen zu sichern. Sarkozy erklärte in einer Stellungnahme, er könne sich die enorme Enttäuschung derer vorstellen, die durch das Gesetz auf einen Schutz gegen die Leugner des einstigen Unrechts gehofft hätten. Er werde sich demnächst mit Vertretern der armenischstämmigen Bevölkerung treffen. „Er hat die Regierung beauftragt einen neuen Gesetzestext vorzubereiten, der die Entscheidung des Verfassungsrates berücksichtigt“, betonte sein Amt.

Beim Verfassungsrat waren Ende Januar zwei Anträge von jeweils mehr als 60 Parlamentariern verschiedenster Parteien eingegangen. Sie halten das am 23. Januar verabschiedete Genozid-Gesetz für verfassungswidrig und sind der gleichen Auffassung wie die türkische Regierung. In einer ersten Reaktion sprachen sie von einem „Sieg des Rechts“. Auch die französischen Kritiker sehen in dem Gesetz einen Angriff auf das Recht der freien Meinungsäußerung. Präsident Sarkozy hatte dennoch eine schnelle Unterzeichnung des vom Parlament beschlossenen Gesetzes in Aussicht gestellt, um es in Kraft treten zu lassen.