Französische Schwule sagen erstmals „Ja“

Französische Schwule sagen erstmals „Ja“
(AFP)

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Vielleicht brennt irgendwo eine Kerze, aber so richtig romantisch dürfte es kaum werden. Die erste Heirat eines homosexuellen Paares in Frankreich wird ein Riesentrubel. Auch Krawalle sind möglich.

Der Wetterdienst sagt für Montpellier Sonne und 18 Grad voraus. Die äußeren Bedingungen für die erste Hochzeit eines homosexuellen Paares in Frankreich scheinen nicht schlecht zu sein. Ansonst dürfte im Rathaus der südfranzösischen Stadt an diesem Mittwoch nur wenig an romantische Zweisamkeit erinnern.

Das „Ja“-Wort von Vincent Autin (40) und Bruno Boileau (30) wird direkt von der Mittelmeerküste in alle Welt übertragen. Rund um die etwa 200 Hochzeitsgäste bauen internationale Medien ihre Kameras und Übertragungswagen auf. Bilder aus Montpellier gehen nach Japan, Russland, Katar oder in die USA.

Seit sieben Jahren ein Paar

Der ältere der beiden Bräutigame freut sich über die internationale Wirkung. „Es ist eine Botschaft, ein Signal an die Länder, in denen Homosexualität eine Straftat ist“, sagte Autin in einem der zahlreichen Interviews vor der Hochzeit.

Vincent Autin lebt in Montpellier und ist aktiv in der Schwulenbewegung. Sein künftiger Mann Bruno Boileau, früher in der Region Paris zu Hause, lebte früher nicht offen schwul. Seit rund sieben Jahren sind die beiden Männer ein Paar.

„Zeremonie von Freunden“

An der Spitze zahlreicher Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben steht die Regierungssprecherin und Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem. Allerdings betont sie, „außerhalb der offiziellen Funktionen“ der „Zeremonie von Freunden“ beizuwohnen. Sie war es, die den Aktivsten Autin schon im vergangenen Jahr fragte, ob er und sein Partner nicht die erste Homo-Ehe in Frankreich schließen wollten.

Hochzeit und das damit verbundene – und weitaus umstrittenere – Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare waren zentrale Wahlversprechen des Präsidentschaftskandidaten François Hollande. Auch Montpelliers Bürgermeisterin Hélène Mandroux, ebenfalls Sozialistin, trieb das Projekt voran: „Ich bin stolz, Vincent und Bruno zu vermählen.“ Sie will in ihrer Ansprache an das Bräutigampaar vor allem auch auf das Thema Toleranz eingehen. „Seit Wochen gibt es ein Phänomen der Intoleranz.“

„La manif pour tous“

Damit zielt die Bürgermeisterin auf nicht enden wollende Proteste gegen die Homo-Ehe. Die wichtigste Organisation der Gegner „La manif pour tous“ sieht sich selbst als „spontane, aus der Bevölkerung heraus entstandene und friedliche Bewegung“. Die spontane Bewegung ist ziemlich gut organisiert. Über eine fünfsprachige Webseite können Aufrufe gestartet, Anfahrten koordiniert oder Zeichen des Protests wie T-Shirts oder Fahnen beschafft werden.

Die von Hunderttausenden gesäumten Demonstrationen galten auch als Barometer für die Stimmung im jenseits der großen Städte eher strukturkonservativen Frankreich. So sank in Umfragen die Zustimmung zur Homo-Ehe stetig bis rund um die 50-Prozent-Marke. Allerdings sind nach Verabschiedung des Gesetzes nun auch fast drei Viertel der Franzosen für eine Ende der Proteste.

Heftige Proteste gegen Homo-Ehe

Über Monaten hinweg haben die Gegner unermüdlich für Demonstrationen im ganzen Land und zentrale Massenkundgebungen in Paris mobilisiert. Der zunehmend aussichtslose Protest lockte mehr und mehr auch Randalierer und Rechtsextreme an. Bilder der jüngsten Ausschreitungen lassen eher an geplante Straßenschlachten von Hooligans denken als an die Entladung spontaner Emotionen empörter Bürger. Zuletzt wurden am Wochenende 350 Menschen festgenommen.

Für das junge Glück in Montpellier bedeutet die Gewalt gegen Homosexuellenrechte eine zusätzliche, sehr spezielle Gruppe von Hochzeitsgästen: Rund 80 Polizisten sollen mögliche Krawalle verhindern. Innenminister Manuel Valls will Störungen nicht tolerieren, wenn zwei Menschen „einen wichtigen Schritt für ihr Leben machen“.