Finanzaufsicht stoppt Weinfonds „Nobles Crus“

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Die luxemburgische Finanzaufsicht CSSF hat den Investmentfonds Nobles Crus gestoppt. Käufe und Verkäufe von Anteilen sind zeitweilig nicht mehr möglich.

Luxemburg hat im Februar 2007 eine Gesetzgebung für Spezialfonds eingeführt. Danach dürfen Fonds aufgelegt werden, die nur für erfahrene Anleger oder für institutionelle Investoren gedacht sind. Nobles Crus ist auf Grund dieser Gesetzgebung im Jahre 2008 zugelassen worden. Lebensmittel Fonds sind für das breite Publikum in Luxemburg nicht zugelassen. Es hat in den 90er Jahren lediglich einen Versuch bei der Hypovereinsbank gegeben (HVB) (heute Unicredit). Die Bank hatte einen Weinfonds in Form einer Treuhandgesellschaft aufgelegt. Die Investoren konnten in dieser Konstruktion ihre Finanzanlage nach einer bestimmten Ruhezeit auf Wunsch in Form von Weinflaschen zurück erstattet bekommen.

Der Fonds Nobles Crus hat insbesondere in Produkten wie Romanée Conté und Chateau Petrus investiert. Der Finanzanlage steht ein realer Gegenwert gegenüber. Der Fonds wird für die Wertbestimmung von einem französischen Wein-Experten betreut. Im August vergangenen Jahres meldete die Fondsgesellschaft die Überschreitung der 100 Millionen Euro Grenze bei den Anlagen an. Die Mindestbeteiligung an dem Fonds liegt bei 125.000 Euro.

Woher kommen die Schwierigkeiten des Fonds?

Im September vergangenen Jahres hatte der Belgier Jean Walravens, ein freischaffender Finanzanalyst, in einem Gutachten die Bewertung der Weine angezweifelt. Die Financial Times hatte das Gutachten übernommen und veröffentlicht. Nach Tageblatt-Information hat die Veröffentlichung des Gutachtens innerhalb einer Woche die gesamte Liquidität des Fonds aufgebraucht. Der Fonds hatte zu dem Zeitpunkt einen Wert von 120 Millionen Euro, eine Woche später war das Vermögen auf 90 Millionen Euro abgesunken. Das weitere Problem: Institutionelle Investoren dürfen in solche Produkte, einer Direktive der Europäischen Union zufolge, nicht mehr investieren. Sie wollten daher zu diesem Zeitpunkt ihre Einlagen zurücknehmen. Nun besaß der Fonds zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die nötige Liquidität, hat sie zwischenzeitlich teilweise aber wieder hergestellt, durch den Verkauf von Wein in Höhe von neun Millionen Euro. Nach Tageblatt Informationen aus der Branche soll der Verkauf genau dem Wert der angebotenen Weine entsprochen haben, wie er im Fonds bilanziert worden sei. Das Gutachten des belgischen Finanzanalysten soll damit wiederlegt worden sein.

Das Problem des Fonds ist ein typisches für Fonds, denen bei der Investition reale Gegenwerte gegenüberstehen. In den 90er Jahren hatte in Deutschland ein Immobilienfonds der Deka Kapitalgesellschaft ähnliche Probleme. Die Kapitalanlagegesellschaft löste die Probleme einerseits durch den Verkauf von Gebäuden, was allerdings Zeit brauchte, andererseits durch Garantien der Deka Bank, die die zurückgegebenen Anteilscheine treuhänderisch übernahm und den Liquiditätsengpass überbrückte. Wie bei dem Immobilienfonds steht bei Nobles Crus mit Weinflaschen, die im Freihafen von Genf gelagert werden, der Investition ein realer Gegenwert gegenüber. Anders als bei Aktien- oder Rentenfonds müssen Investoren daher so lange keinen Verlust befürchten, wie die Weine nicht unter Druck verkauft und in großen Mengen auf den Markt gebracht werden müssen.

Nobles Crus verhandelt derzeit mit Investoren, um den Engpass der Liquidität zu überbrücken. Der Stopp von Kauf- und Verkauf der Anteile des Fonds, der von der CSSF verfügt wurde, soll bisher nur zeitweilig verfügt worden sein.

(Helmut Wyrwich / Tageblatt.lu)