„Fehlerquote liegt bei 20 Prozent“

„Fehlerquote liegt bei 20 Prozent“
(Isabella Finzi)

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Die festen Radargeräte in Luxemburg sind im Dauereinsatz. In Deutschland sorgt derweil eine Beanstandungswelle für Kritik. Dort funktionieren die baugleichen Blitzer nicht richtig.

Der deutschen Polizei steht ein unterschiedliches Repertoire an Blitzern zur Verfügung. Hierzu gehört unter anderem der „Poliscan Speed“ der deutschen Firma Vitronic. Die gleichen Radargeräte sind seit anderthalb Monaten in Luxemburg im Einsatz (Link) .

Der „Poliscan Speed“ weist Fehler auf, die in der Vergangenheit bereits mehrere Male erfolgreich angefochten wurden – unter anderem vom Amtsgericht Aachen wegen „nicht zu überwindenden Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung“.

Gerichtsurteile

Dadurch ist auch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Kritik geraten, da sie das Gerät zugelassen hat. So steht es auf der Internetseite www.bussgeldkatalog.org (Link) zu lesen.

Tatsächlich haben einige deutsche Gerichte in einer Reihe von Urteilen die technische Nachvollziehbarkeit des „PoliScan Speed“ angezweifelt und klagenden Verkehrssündern Recht gegeben.

Fehlerquote

Mehrere Amtsgerichte (u.a. das Amtsgericht Aachen) zählen das Lasergerät nicht mehr zu den standardisierten Messgeräten und stellen damit die Geschwindigkeitsmessung insgesamt in Frage.

Unstimmigkeiten wurden bei älteren, aber auch neueren
Softwareversionen festgestellt. Bei der Prüfung von einem Sachverständigen wurde der „Poliscan Speed“ mit der Software 3.2.4. geprüft und erreichte eine Fehlerquote von rund 20 Prozent, was ein Bußgeldverfahren grundsätzlich in Frage stellt.

Kritik

„Ob wegen der Software 1.5.5 oder 3.2.4, dem Auswerterahmen, dem Displaytest, der Bedienungsanleitung oder dem Aufbau, der Poliscan Blitzer steht in Bußgeldverfahren regelmäßig zur Prüfung vor Gericht. Denn in der Fachliteratur gab es einige kritische Stimmen zum Poliscan.

Von Sachverständigen wurde die Zuverlässigkeit der Messanlagen in der Vergangenheit bezweifelt. „Und auch die Praxis zeigt, dass ein beachtlicher Teil der hier bekannten Bußgeldverfahren, in denen der Poliscan Blitzer als Beweismittel diente, eingestellt wurden,“ so Rechtsanwalt Alexander Kaden aus Dresden.

Messfehler

Die gleiche Kritik hört man in der Anwaltskanzlei für Verkehrsrecht Wissmann aus Lingen: „Wir verteidigen bundesweit Mandanten bei Geschwindigkeitsverstößen, die mit dem Messgerät Poliscan des Herstellers Vitronic erfolgt sind.“

Und weiter: „Bei dem Poliscan Speed haben sich in der Vergangenheit zusätzliche Messfehler daraus ergeben, dass eine Verzögerung der Kameraauslösung vorlag, die eine genaue Feststellung der Geschwindigkeit unmöglich machte.“
Urteile

Freispruch

Ende 2015 stellte das Amtsgericht Senftenberg und in der Folge auch das Amtsgericht Lübben fest, dass die Messungen mit „Poliscan Speed“ nicht immer nach Vorschrift laufen.

Das Amtsgericht Herford hat einen Betroffenen in einem Bußgeldverfahren (3Punkte, 170,00 Euro Bußgeld ) freigesprochen, weil nach Meinung des Gerichts nicht sichergestellt war, dass das Messgerät der Marke Poliscan zuverlässig arbeitet. Nach Auskunft des zuständigen Richters wurden an diesem Tag insgesamt etwa 40 Betroffene freigesprochen.

Ähnlich entschied auch das Amtsgericht Tiergarten, Aachen, Friedberg, Emmendingen und zuletzt Bremen. Wobei sich das Amtsgericht Emmendingen im November 2014 auf über 30 Seiten mit dem Messgerät, der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Frage, ob der „Poliscan Speed“ ein sog. standardisiertes Messverfahren ist, auseinandergesetzt hat.