Opfer von Misstrauen und Naivität

Opfer von Misstrauen und Naivität
(Herve Montaigu)

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Der Prozess um den Tod eines Luxemburgers in Brasilien wurde am Donnerstag fortgesetzt. Zwei Frauen wird der Auftragsmord an Henri Z. vorgeworfen.

Der Prozess gegen die Laotin Brigitte D. und die Brasilianerin Tania M. wurde am Donnerstag mit der Anhörung weiterer Zeugen fortgesetzt. Den Angeklagten wird der Auftragsmord an Henri Z. vorgeworfen, der am 25. Oktober 2011 in Porto Seguro im Bundesstaat Bahia in Brasilien mit fünf Schüssen aus einer 7,65-Millimeter- Pistole in den Kopf regelrecht hingerichtet wurde.

Im Zeugenstand stand am Donnerstag ein weiblicher Mithäftling der beiden seit drei Jahren inhaftierten Angeklagten, der nur ungenaue Angaben über noch ungenauere Gerüchte im Gefängnis geben konnte. Der Vorsitzende erinnerte die Frau dann aber an ihre Aussagen vor dem Untersuchungsrichter, von Tania M. informiert worden zu sein, diese habe den Mord an Henri Z. in Auftrag gegeben.

Über sechs Ecken habe sie auch in Erfahrung gebracht, dass Tania M. wegen ihrer Freundin im Gefängnis saß, weil diese ihren „gut betuchten“ Ehemann umgebracht habe. Tania M. selbst sei unschuldig, so die weiteren Aussagen der Zeugin vor den Ermittlern. Aussagen, die unter Eid zu wiederholen der Zeugin am Donnerstag in öffentlicher Sitzung sichtlich schwerfiel.

Überhaupt war Tania M. im Gefängnis ziemlich leutselig und pflegte ihr loses Mundwerk, was schon ihr damaliger Anwalt, Me Jean-Paul Rippinger, im Zeugenstand erwähnt hatte.

Danach trat ein Vertreter der Bank in den Zeugenstand, der den Kunden Henri Z. betreute und der auch dessen Wunsch entgegennahm, die Kreditlinie seiner Bancomat-Karte zu erhöhen. Er habe zweimal im Krankenhaus in Brasilien angerufen, um seine Identität zu sichern. Dabei habe ihm sein Kunde erzählt, dass er überfallen und mit vier Messerstichen verletzt worden sei.

Der Zeuge bestätigte, dass Henri Z. ihn am Telefon anhielt, darauf zu achten, was seine Ehefrau mit seiner Kreditkarte alles anstellen würde, obwohl er nicht ahnen konnte, dass sie von Diego M. benutzt wurde. Sein Banker habe ihm daraufhin geraten, sich mit der Cetrel in Verbindung zu setzen, was Henri Z. aber nicht zu interessieren schien oder ihn überforderte. Es war dem Kunden auch egal, ob seine Karte noch funktionsfähig war, da das Krankenhaus und die Flugzeugtickets bezahlt waren und er genug Cash hatte, um nach Hause zu kommen, so der Zeuge weiter. Ob der Kunde bei vollem Bewusstsein war oder unter Medikamenteneinfluss stand, als er ihm versicherte, alles sei geregelt, konnte der Zeuge nicht wissen.

„Zickenalarm“ hinter Gittern

Ein weiterer Bankangestellter sagte im Zeugenstand aus, Henri Z. habe ihn aufgefordert, 5.000 Euro auf sein Kreditkartenkonto zu überweisen, und ein zweites Mal, das Limit seiner Kreditkarte auf 10.000 Euro zu erhöhen. Man habe ihm übel mitgespielt, so der Kunde, der den Eindruck hinterließ, dass er so schnell wie möglich nach Hause wollte.

Als der Zeuge ihn später kontaktieren wollte, habe man ihm gesagt, Henri Z. sei aus dem Krankenhaus entlassen. „Da war er bereits tot – das geht schnell in Brasilien“, so der Vorsitzende, der daraufhin eine Pause einläutete, nach der ein weiterer Bankangestellter in den Zeugenstand trat, der den Totenschein von Henri Z. aus den Händen von Brigitte D. in Empfang nahm.

Dabei stand Tania M. im Hintergrund. Und während der Zeuge die nötigen Vorgänge einleitete, amüsierten sich die Damen köstlich, was er irgendwie unangebracht fand. Bei einem weiteren Besuch in der Bank schien Brigitte D. wegen der administrativen Hindernisse ziemlich aufgebracht zu sein, weil sie höchstwahrscheinlich ein akutes Bedürfnis an Bargeld hatte.

Dem dann in den Zeugenstand getretenen Ermittler Robert H. wurde vom Vorsitzenden eingangs beschieden, man sei sich bewusst, dass die Untersuchungen unter Spekulationen, Widersprüchen und Gerüchten gelitten hätten. Der Zeuge meinte dann, dass trotz „Zickenalarm“ Teile der Aussagen der Mithäftlinge doch der Wahrheit entsprechen könnten. So sagte eine Mitbewohnerin in Schrassig aus, Tania M. habe sie gebeten, bei ihrer Entlassung ihren Sohn Diego über dessen Schwiegermutter zu kontaktieren. Dabei war die Rede davon, dass dieser Henri Z. getötet habe und nun Geld brauche, um seine Komplizen zu entlohnen.

Weiter war die Rede von im Voraus unterschriebenen Schecks, die ungedeckt als Beweise genutzt werden könnten. Die gleiche Mitbewohnerin in Schrassig hatte im Auftrag von Tania M. in einem Brief an die U-Richterin gesagt, diese sei unschuldig, was sie aber kurz darauf widerrief, um sie umso schwerer zu belasten. Ein für Häftlinge typisches Wechselbad von Loyalität und Verrat. Der Prozess wird nächste Woche fortgesetzt.

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