/ "Es hätte jeden treffen können"
Der Zwischenfall spielte sich am 14. Dezember 2011 gegen 22.30 Uhr in einem Zug in Richtung Rodange ab. Hier wurde ein 51-jähriger Mann, angeblich ohne Grund, brutal überfallen, mehrmals geschlagen und ausgeraubt. Das 51-jährige Opfer wurde danach schwer verletzt im Zug zurückgelassen.
Insgesamt waren sechs Personen im Spiel. Allerdings entschieden die Richter, den Prozess in zwei Verfahren einzuteilen. Zum einen müssen sich die drei Angeklagten Ianick F., Wilson P. und Paulo S., die aktiv an dem Überfall beteiligt waren, vor der Kriminalkammer verantworten. Zum anderen werden die drei anderen Beschuldigten sich in einer zweiten Phase wegen unterlassener Hilfeleistung vor der Strafkammer verantworten müssen. Die Beschuldigten sind heute zwischen 19 und 21 Jahre alt.
Überwachungskamera
Die mutmaßlichen Täter konnten anhand der Überwachungskamera im Zug identifiziert werden. Das Video wurde in der Presse veröffentlicht um weitere Zeugen ausfindig zu machen.
Zu Anfang der Sitzung am Freitag gab Me Philippe Penning an, das Video Bild für Bild untersucht zu haben. Der Verteidiger von Ianick F. erklärte, man würde auf einem der Standbilder eine männlich Hand und nicht eine Frauenhand erkennen. Der Rechtsanwalt will damit beweisen, dass seine Mandantin nicht aktiv an der Tat beteiligt war.
Dem Tod in die Augen geschaut
Danach befasste sich das Gericht mit den Aussagen des Opfers. Der Mann gab an, dass er an jenem Abend nach Hause fahren wollte. „Ich hatte mir im obersten Geschoss des Zuges in der ersten Klasse einen Platz gesucht. Doch kurz nach dem Losfahren des Zuges hörte ich laute Schreie von Jugendlichen. Danach ging alles ganz schnell“, sagte der 51-Jährige. Der Mann erklärte, dass er die Jugendlichen bat, die erste Klasse zu verlassen. Doch nach einigen Diskussionen, habe einer der Angeklagten dem Opfer den ersten Schlag verpasst. „Er hat sich meines Ansehens an mir abreagiert. Es hätte jeden treffen können, der sich in dem Abteil aufhielt. Nachdem ich am Boden lag, konnte ich mich nicht mehr zur Wehr setzen. Immer wieder haben sie auf mich eingeschlagen. Ich hatte Angst um mein Leben“, so das Opfer.
Anschließend sei laut dem 51-jährigen Mann eine Frau im Zugabteil erschienen. Diese habe die Angreifer gebeten mit den Schlägen aufzuhören. Diese Frau, so der Mann, hat mir das Leben gerettet. Laut dem Opfer hätte es jeden treffen können. Die Beschuldigten hatten an dem Abend große Mengen an Alkohol getrunken.
Anschließend wurde Nebenklage von der Rechtsanwältin des Opfers eingereicht. Gefordert wurden 42.330,72 Euro Schadensersatz.
Augenzeugin hatte Angst
Eine Augenzeugin war an der Reihe. Sie trat vor den Präsidenten der Kriminalkammer Prosper Klein. Auch sie gab an, Schreie gehört zu haben. Sie hätte Angst gehabt, deshalb habe sie nicht eingegriffen. Erst nachdem die mutmaßlichen Täter weg waren, habe die Zeugin eingegriffen. Der Mann, der am Boden lag, war blutüberströmt und bei Bewusstsein. Danach sagte der Lebensgefährte der ersten Zeugin aus. Er ging erneut darauf ein, wie sich die Tat abspielte. Zudem erklärte der Augenzeuge, dass der Schaffner, der ihm zufolge wusste, dass die aggressiven Jugendlichen sich im Zug befanden, hätte eingreifen müssen.
Anschließend trat die Angeklagte Ianick F. vor die Richter. Sie schilderte im Detail, was sich am Tatabend abgespielt hatte. Die Angeklagte gab an, dass sie sich im Untergeschoss des Zuges aufgehalten habe. Sie habe nach einiger Zeit gehört, dass im oberen Geschoss lautstark gestritten wurde. „Die Jungs waren bereits angetrunken und sehr aggressiv. Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, so Ianick F. Sie habe nachgeschaut, was im oberen Geschoss ablaufen würde. Der Mann lag, so die Angeklagte, zu dem Zeitpunkt bereits am Boden. Das Video würde beweisen, so Prosper Klein, dass Ianick F. dabei war, als das Opfer niedergeschlagen wurde. Erst nach einiger Zeit gestand die Angeklagte, dass sie dem Opfer die Brieftasche geklaut habe.
Am kommenden Dienstag wird der Prozess vor der Kriminalkammer abgeschlossen. An der Reihe ist die Befragung von den beiden anderen Beschuldigten, den Plädoyers der Rechtsanwälten und dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft. Am Mittwoch wird dann die zweite Phase vor der Strafkammer verhandelt.
(Philippe Hammelmann / Tageblatt.lu)
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