EU will die Biene retten

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(dpa)

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Seit Jahren rätseln Wissenschaftler über das Bienensterben in Europa. Als Ursachen gelten Gift, Parasiten und Krankheitserreger. Nun handelt die EU. Von Sonntag an sind drei Pestizide verboten.

Die Honigbiene in Europa ist in Not. Apis mellifera, so ihr wissenschaftlicher Name, wird seit Jahren von einem geheimnisvollen Bienensterben dahingerafft. Bis zu 30 Prozent der Bienenvölker überleben in Deutschland laut Greenpeace den Winter nicht. Die EU hat sich entschlossen, zu handeln – und zum Schutz der Insekten bestimmte Pflanzenschutzmittel verboten.

Von diesem Sonntag an (1. Dezember) dürfen Landwirte Pestizide mit drei umstrittenen Nervengiften nicht mehr großflächig einsetzen. Das gilt vor allem beim Anbau von Mais, Sonnenblumen, Raps und Baumwolle; diese Pflanzen fliegen Bienen gerne an. Die sogenannten Neonicotinoide könnten für Insekten gefährlich sein und ihren Orientierungssinn schädigen.

Europa muss handeln

Sicher sind sich alle, dass Europa zum Schutz der Honigbienen etwas tun muss. Denn die Insekten sind unerlässlich für die Landwirtschaft; mehr als 80 Prozent aller angebauten Pflanzen werden von Bienen bestäubt. Ihr volkswirtschaftlicher Nutzen liegt nach EU-Angaben bei 22 Milliarden Euro jährlich.

Doch wird das Verbot wirklich helfen? Darüber streiten Naturschützer, Bauern und Chemiekonzerne seit Jahren. Denn welche Rolle die Pestizide beim Bienentod wirklich spielen, ist umstritten. Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) spricht nur von einem möglichen Zusammenhang zwischen dem Bienensterben und dem Einsatz von Neonicotinoiden. Allerdings fehlt ein echter Beleg, weil solche Vergiftungen wegen der außerordentlich geringen Wirkstoffmengen im Nanogramm-Bereich schwer nachweisbar sind.

Kritik an Verbot

Studien haben gezeigt, dass es viele Ursachen für den Bienentod gibt. So fehlt den Insekten zunehmend zeitweise die Nahrung, weil sich Monokulturen in der Landwirtschaft ausbreiten. Parasiten wie die Varroamilbe setzen ihnen zu. Die Naturschutzorganisation Greenpeace kritisiert das Verbot als zu kleinen Schritt. „Krankheiten, Parasiten oder Klimawandel lassen sich leider nicht verbieten“, gibt der Landwirtschaftsexperte von Greenpeace, Dirk Zimmermann, zu bedenken.

Auch Landwirte sehen den Schritt kritisch. In der Landwirtschaft sind Neonicotinoide weit verbreitet und gelten als modern. Sie werden genutzt, um Saatgut zu beizen – so müssen Bauern auf den Äckern weniger spritzen.

Einbußen bei der Ernte

Jetzt dürfte der Einsatz von Spritzmitteln wieder steigen, befürchtet der Bauernverband. Beim Anbau von Raps fehle gar eine wirksame Alternative. Die Bauern müssten auf alte Mittel zurückgreifen, gegen die Schädlinge wie der Rapserdfloh inzwischen resistent seien.

Die Hersteller der Pestizide wie BASF, Bayer und Syngenta warnen schon lange davor, dass Verbote zu deutlichen Einbußen bei der Ernte führen. Der Bauernverband rechnet mit ersten sichtbaren Folgen 2015.

EU-Gericht in Luxemburg entscheidet

Die Sache beschäftigt auch das EU-Gericht in Luxemburg. Der weltgrößte Chemiekonzern BASF wehrt sich gegen das teilweise Verbot seines Mittels Fipronil und hat Anfang November Klage eingereicht. BASF argumentiert, dass Fipronil seit 1993 weltweit eingesetzt werde und es keine neuen Erkenntnisse über die Folgen für Bienen gebe. Ein Urteil dürfte erst in einem Jahr fallen. „Aufschiebende Wirkung hat die Klage nicht“, sagt ein Gerichtssprecher.

Was das Verbot wirklich bringt, soll sich in zwei Jahren zeigen – bis dahin ist der Stopp befristet. Dann will die EU-Kommission „neue wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen“. Naturschützer von Greenpeace sind skeptisch, ob die Maßnahme wirklich wirkt. „Es dürfen nach wie vor zu viele für Bienen gefährliche Pestizide eingesetzt werden“, sagt Zimmermann. Und es gebe zu viele Ausnahmen vom Teilverbot – etwa der Anwendung auf Feldern nach der Blüte.

Verbraucher brauchen sich übrigens nicht um ihren Balkon oder Garten zu sorgen. Zwar gilt das EU-Pestizidverbot auch für einige Gartensprays oder Granulate, die gegen Schädlinge an Rosen oder Zierpflanzen eingesetzt werden. Ein EU-Diplomat sagt: „Es gibt aber genug andere Produkte, die der Gartenbesitzer nutzen kann.“