EU lässt sich Zeit

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Trotz steigender Flüchtlingszahlen auf der Mittelmeerroute nach Italien will die EU sich bei der Prüfung von Libyens Wünschen für die Ausrüstung seiner Küstenwache Zeit lassen.

Aus Sicht der Europäer seien bei der Bitte um Schiffe und Material „noch viele Fragen offen“, sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach dem Treffen mit ihren EU-Kollegen in Malta. Die Europäer wollen die umfangreiche Anfrage nun erst gründlich prüfen. Libyen ist Haupt-Transitland für Flüchtlinge aus Afrika auf dem Weg nach Europa.

In der Hoffnung auf eine Verringerung der Flüchtlingszahlen unterstützt die EU die Regierung des nordafrikanischen Bürgerkriegslandes beim Aufbau einer eigenen Küstenwache, damit diese wirksam gegen Schlepperbanden vorgehen kann. So wurden seit Oktober 93 libysche Rekruten ausgebildet. Die libysche Regierung hat jüngst eine umfangreiche Liste mit Wünschen für die Ausrüstung der Küstenwache an die EU geschickt. Sie umfassen 130 teils bewaffnete Schiffe sowie Radaranlagen, schusssichere Westen, Taucheranzüge und anderes Material.

„In den kommenden Monaten“

Die EU werden den Bedarf „in den kommenden Monaten“ prüfen, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Klar sei, dass es nur um die Lieferung „von nicht-militärischer Ausrüstung“ gehen könne. Für von der Leyen ist die Frage „noch tief im Maschinenraum der Europäischen Union“. Zu den deutschen Grundsätzen bei einer solchen Zusammenarbeit gehöre, dass die Partner verlässlich seien, sagte die Ministerin. „Das ist in Libyen überhaupt noch nicht geklärt.“

In der EU wird auch befürchtet, dass gelieferte Schiffe in dem von vielen bewaffneten Milizen kontrollierten Land in falsche Hände fallen könnten. In einer ersten Einschätzung zu der Ausrüstungsliste kommt die europäische Grenzbehörde Frontex zu dem Schluss, dass diese grundsätzlich den Bedürfnissen eines Landes von der Größe Libyens entspricht. Für nicht notwendig hält Frontex lediglich die größten, bis zu hundert Meter langen Schiffe, die Libyen verlangt. Gleichzeitig stellen die EU-Grenzschützer aber in Frage, ob das nur teilweise durch die Einheitsregierung kontrollierte Land das Gerät tatsächlich sinnvoll einsetzen kann.

Über Libyen nach Italien

Frontex schlägt deshalb vor zu prüfen, ob nicht nur Material für ein Gebiet von knapp 300 Kilometern bereit gestellt werden sollte. Dafür wären demnach 25 Schiffe nötig. Ein Sprecher der italienischen Marine hatte am Mittwoch in Malta darauf verwiesen, dass sich „99 Prozent der Flüchtlinge über den Westen Libyens“ auf den Weg Richtung Italien machen. Als einer der Hauptausgangspunkte gilt die Hafenstadt Sabrata.

In einer eigenen Einschätzung verweist die EU-Grenzmission Eubam Libya jedoch darauf, dass derzeit vollkommen unklar sei, ob libysche Grenzschützer überhaupt von westlichen Städten wie Sabrata aus operieren könnten, da diese nicht unter eigener Kontrolle der Regierung stehen. Die Eubam-Experten geben auch zu bedenken, dass Libyen Kapazitäten und Experten für die Wartung der Schiffe und ihrer Motoren benötige. Frontex hält es allerdings für möglich, dass die Wartung auch in einem EU-Land, etwa im nahegelegenen Malta, erfolgt.