Es war dieselbe Waffe

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(dpa)

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Bei dem tödlichen Anschlag auf eine jüdische Schule in Toulouse wurde nach Informationen des französischen Fernsehens dieselbe Waffe genutzt wie bei zwei vorangegangenen Anschlägen auf vier Soldaten.

Der TV-Nachrichtensender BFM berief sich dabei auf Ermittlerkreise. Die am Tatort gefundenen Patronenhülsen entsprächen dem Kaliber 11,43. Am Montagmorgen hatte ein Mann auf einem Motorroller vor einer jüdischen Schule in Toulouse um sich geschossen und mindestens vier Menschen getötet.
Die französische Staatsanwaltschaft leitete sofort Ermittlungen wegen Verdachts auf Terrorismus ein. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy nannte die Bluttat in Toulouse eine furchtbare Tragödie. Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker richtete am Montag sein Beileid an die betroffenen Familien aus.

Staatsanwalt Michel Valet sagte, ein 30-jähriger Mann, Medienberichten zufolge ein Rabbiner, und dessen drei und sechs Jahre alten Söhne seien getötet worden, als der Mann das Feuer vor Schulbeginn eröffnet habe. Ein weiteres Kind zwischen acht und zehn Jahren sei ebenfalls ums Leben gekommen und ein 17-jähriger Teenager schwer verletzt worden.
„Er hat auf alles geschossen, was er vor sich hatte, Kinder und Erwachsene“, sagte Valet. Die Kinder seien bis in die Schule verfolgt worden.

Ein und derselbe Täter

Nicolas Sarkozy aktivierte am Montag für die betroffenen Regionen den Anti-Terrorismus-Plan Vigipirate. Alle jüdischen und muslimischen Einrichtungen werden besonders gesichert, betonte Sarkozy am Montagabend nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts im Elysée.

Nach Angaben von Sarkozy handelt es sich beim Täter um denselben, der in den Tagen zuvor zwei Anschläge auf Soldaten verübt hatte. „Jedes Mal wenn dieser Mann in Aktion tritt, handelt er, um zu töten. Er lässt seinen Opfern keine Chance“, betonte Sarkozy. Ein antisemitisches Motiv sei wahrscheinlich, der Mann sei gefährlich und müsse schnellstens gefasst werden. „Diese schreckliche Tat kann nicht ungesühnt bleiben. Alle, wirklich alle verfügbaren Mittel werden eingesetzt werden, um diesen Kriminellen daran zu hindern, weiter Schaden anzurichten.“

Zwei Waffen benutzt

Das Drama habe sich kurz vor acht Uhr ereignet. Der Mann habe vor dem jüdischen Gymnasium Ozar Hatorah in dem Wohnviertel Roseraie im Nordosten von Toulouse gehalten, sei von seinem dunklen Motorroller gestiegen und habe um sich geschossen, bevor er auf seinem Motorroller entkommen sei. Der Verdächtige habe vermutlich zwei Waffen benutzt, darunter eine großkalibrige.

Die Polizei riegelte den Bereich um die Schule ab und eskortierte Kinder aus dem Gebäude. Ein Beamter trug ein aufgelöstes Mädchen, das seine Hände vors Gesicht geschlagen hatte. Eine Mutter und ihr Sohn, beide hatten eine jüdische Kippa auf, verließen die Schule sichtlich verstört.

Tragödie als Wahlkampfmittel

Sarkozy machte sich in Begleitung des Präsidenten der jüdischen Dachorganisation CRIF, Richard Prasquier, und des Bildungsministers Luc Chatel auf den Weg zum Tatort. „Es ist eine furchtbare Tragödie“, sagte der Staatschef. Die gesamte Republik sei betroffen. Sarkozy ordnete für den Dienstag eine Schweigeminute an allen französischen Schulen an. Auch der Präsidentschaftskandidat der Sozialisten, François Hollande, wollte sich am Nachmittag nach Toulouse begeben.

Die französischen Behörden verstärkten die Sicherheitsvorkehrungen vor allen jüdischen Schulen in Frankreich, wie ein Sprecher des Innenministeriums mitteilte. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von einem „blinden Verbrechen“. Schüsse auf unschuldige Kinder könnten durch nichts gerechtfertigt werden, sagte er am Montag. Er sprach den Angehörigen der Opfer sein tiefes Mitgefühl und sein Beileid aus. Seine Gedanken seien bei den Familien der Getöteten, bei den Verletzten und bei allen Kindern der Schule.

Dieselbe Waffe eingesetzt

In der Region hatte am Donnerstag ein Mann von einem Motorrad aus auf drei uniformierte Fallschirmjäger geschossen, zwei von ihnen getötet und den dritten lebensgefährlich verletzt. Die Tat in der 50 Kilometer nördlich gelegenen Stadt Montauban ereignete sich unweit von der Kaserne der Männer entfernt. Vier Tage zuvor hatte ein Mann auf einem Motorrad einen weiteren Fallschirmjäger in Toulouse erschossen. Die Behörden erklärten, forensische Untersuchungen deuteten daraufhin, dass bei den beiden Taten dieselbe Waffe benutzt worden sei.

Die französische Staatsanwaltschaft leitete am Montag Ermittlungen wegen des Verdachts auf Terrorismus ein. Diese untersuchten die Anschläge auf die Soldaten am 11. März in Toulouse und am 15. März in Montauban sowie die Schüsse am Montag vor der jüdischen Schule, hieß es. Es gebe einige Ähnlichkeiten zwischen den Fällen, sagte Sarkozy, doch es obliege Polizei und Justiz, die Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Der Sprecher des Innenministeriums, Pierre-Henry Brandet, bestätigte einen möglichen Zusammenhang. In allen Fällen sei sehr kaltblütig vorgegangen und ein Motorroller als Fluchtfahrzeug genutzt worden.

„Ein ruhiges Städchen“

„Es ist ein schrecklicher Schock für die jüdische Gemeinde“, sagte ein Lehrer des Gymnasiums. „Toulouse hat den Ruf eines ruhigen Städtchens.“ Man habe sich solch eine Tat hier nicht vorstellen können, schließlich gebe es ja auch eine Überwachungskamera vor der Schule. Letzten Endes müsse man die Sicherheitsmaßnahmen wohl verdoppeln.

Die Schulkinder warteten im Speisesaal darauf, von ihren Eltern abgeholt zu werden. Etwa 180 bis 200 Kinder gingen auf die Schule, sagte ein Elternteil. Die Schule besteht seit 1983, seit 2000 ist sie in Roseraie.