/ Erneut Proteste gegen die Regierung

Aus 135 Städten wurden am Samstag Demonstrationen gemeldet, doch war die Beteiligung deutlich niedriger als bei den Massenprotesten im Juni. In der Hauptstadt Brasília sowie in den Metropolen Rio de Janeiro und São Paulo mündeten die Kundgebungen in Gewalt.
Landesweit beteiligten sich nach Zählung der Nachrichtenwebseite G1 rund 17.000 Menschen an den Sozialprotesten – ein Bruchteil der mehr als eine Million Teilnehmer im Juni. In den meisten kleineren Städten verliefen die Kundgebungen friedlich, allerdings meldete die Polizei auch aus Cuiabá, Salvador, Fortaleza und Belo Horizonte Dutzende Festnahmen.
In Brasília gingen insgesamt einige tausend Menschen auf die Straße. Vor dem Fußballstadion Mané Garrincha versuchten mehrere hundert Demonstranten eine Polizeiabsperrung zu durchbrechen, als Zuschauer zu einem Freundschaftsspiel zwischen Brasilien und Australien strömten. Die Polizei setzte Tränengas ein und ließ Hunde auf die Demonstranten los, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Demonstranten warfen Steine auf die Beamten, bevor sie flohen und von berittener Polizei verfolgt wurden. Die Hauptzufahrtstraße zum Stadion glich einem Schlachtfeld.
Tränengas und Pfefferspray
Die Polizei setzte in Brasília zudem Pfefferspray gegen eine Gruppe von Journalisten ein, die protestierten, weil ein Pressefotograf vor dem Stadion von einem Polizeihund gebissen wurde. Mehrere Journalisten, darunter ein AFP-Fotograf, mussten sich im Krankenhaus behandeln lassen. Später ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern gegen rund 2000 Demonstranten vor, die nach der traditionellen Militärparade zum Parlament marschierten. 39 Menschen wurden nach Polizeiangaben in Brasília festgenommen.
In Rio de Janeiro mischten sich rund hundert Demonstranten, die entgegen eines Verbots maskiert waren, unter die dortige Militärparade zum Unabhängigkeitstag. Die Polizei setzte Tränengas gegen sie ein und trieb damit auch zahlreiche Zuschauer in die Flucht.
Mit Gummigeschossen ging die Polizei in Rio gegen eine Gruppe Anarchisten vor, die eine Bankfiliale verwüsteten. Am Abend trieb die Polizei mit Tränengas rund dreihundert Demonstranten auseinander, die sich dem Gouverneurssitz näherten. Randalierer zerstörten Bushaltestellen und Straßenschilder und zündeten Mülleimer an. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde wurden in Rio 14 Menschen verletzt im Krankenhaus behandelt. Die Polizei nahm 80 Menschen fest, wie G1 berichtete.
Straßenschlachten in Sao Paulo
Auch in São Paulo gab es Straßenschlachten, 39 Menschen wurden festgenommen. Im Zentrum der Stadt wurden drei Demonstranten von einem Autofahrer angefahren, der den Protesten ausweichen wollte. Wie in Rio verwüsteten Demonstranten Bankfilialen und zündeten Mülleimer an, ein Polizeiauto wurde zerstört.
Im Juni hatten die Massenproteste Brasilien in eine tiefe politische Krise gestürzt. Die Proteste richteten sich dagegen, dass der Staat Milliardensummen in Infrastrukturprojekte für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 steckt, während das Bildungssystem und der öffentliche Nahverkehr vernachlässigt werden.
In einer Fernsehansprache räumte Präsidentin Dilma Rousseff am Freitag ein, dass es einige „drängende Probleme“ zu lösen gebe. Gleichzeitig aber rief sie ihre Landsleute auf, die bereits erreichten Fortschritte zu würdigen und die Lage nicht zu schwarz zu sehen.
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