/ Erdogan inszeniert sich als Lebensretter
Mehr als anderthalb Stunden lang habe die Istanbuler Polizei am Freitag versucht, einen Lebensmüden von seinem geplanten Sprung von der 64 Meter hohen Brücke über den Bosporus abzuhalten, berichtete die Nachrichtenagentur Dogan. Dann sei der Konvoi des Staatschefs vorbeigekommen.
Bodyguards von Erdogan hätten den schluchzenden Mann zum Präsidenten gebracht, der die Scheibe seines gepanzerten Fahrzeugs herunterließ und den Mann binnen fünf Minuten überzeugte, von seinem Vorhaben abzulassen. Fotos und ein Video zeigen, wie Erdogan mit einem Handy am Ohr dem angeblich Lebensmüden die Hand schüttelt.
Dieser habe dem Präsidenten berichtet, dass er gravierende familiäre Probleme habe, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu. Der Anfang 30-Jährige stammt demnach aus Siirt im Südosten der Türkei, wo die Armee gerade eine Großoffensive gegen Kämpfer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) führt.
Präsidenten-Beleidigung
Die Nachrichtenagentur Dogan verbreitete ein Video, auf dem zu sehen ist, wie der Mann die Hand des Präsidenten küsst. Anschließend sei er in Sicherheit gebracht worden.
Unterdessen droht dem Chefredakteur der türkischen Zeitung „Hürriyet“, Sedat Ergin, ein Verfahren wegen Beleidigung des Präsidenten. Grund sei ein Artikel des Journalisten vom September, wie das Blatt berichtete. Dabei solle sich Ergin spöttisch über eine Rede Erdogans zu einem Angriff der Kurdischen Arbeiterpartei PKK auf türkische Soldaten geäußert haben.
Im Falle einer Verurteilung drohen Ergin fünf Jahre Haft. Zwischen „Hürriyet“ und der Regierung war es immer wieder zu Konflikten gekommen. Die „Hürriyet“ gehört zur Dogan-Gruppe und ist eine der größten Zeitungen in der Türkei. Ihre Redaktion wurde im Herbst zwei Mal von einem Mob aus Anhängern der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP angegriffen.
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