Erdogan erwägt Referendum über EU-Beitritt

Erdogan erwägt Referendum über EU-Beitritt
(Kayhan Ozer)

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Die Türken könnten nach Worten von Präsident Recep Tayyip Erdogan im kommenden Jahr über eine Fortsetzung der EU-Beitrittsverhandlungen abstimmen.

Die Bürger sollten sich aber noch bis zum Ende dieses Jahres gedulden, sagte Erdogan am Montag in einer Rede in Ankara. Zugleich forderte er die EU erneut auf, sich mit Blick auf die Gespräche zu entscheiden. Der türkische EU-Botschafter hatte zuletzt erklärt, eine Mitgliedschaft bleibe das Ziel seines Landes.

In Brüssel waren sich die EU-Außenminister uneins, wie sich die Staatengemeinschaft gegenüber der Regierung in Ankara positionieren soll. Österreichs Außenamtschef Sebastian Kurz sprach sich erneut für einen Abbruch der Beitrittsgespräche mit der Türkei aus. Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hatte einen härteren Kurs gegenüber Ankara angemahnt. Diplomaten zufolge war ein Aussetzen der Verhandlungen aber kein Thema in Brüssel. Neben Frankreich und Deutschland sprach sich auch Großbritannien für eine Fortsetzung der Gespräche aus. „Wir sollten die Türkei nicht in eine Ecke drängen und nicht in einer Weise übertreiben, die gegen unsere gemeinsamen Interessen wäre“, sagte der britische Außenminister Boris Johnson.

Verhandlungen schon länger in einer Sackgasse

Die Verhandlungen zwischen der Union und der Türkei über eine EU-Mitgliedschaft stecken ohnehin schon länger in einer Sackgasse. Viele Themenbereiche sind noch nicht angesprochen worden. Nach der Verhaftung zahlreicher Politiker, Behördenmitarbeiter und Journalisten im Zusammenhang mit dem Putschversuch im Sommer rückt eine Mitgliedschaft in immer weitere Ferne. Politiker aus Europa kritisieren immer wieder, dass Erdogan die Meinungs- und Pressefreiheit einschränke. Erdogan hatte angesichts der anhaltenden Kritik an seinem Kurs vergangene Woche eine Entscheidung über die Beitrittsgespräche gefordert: „Überdenkt es, aber verschleppt diese Überprüfung nicht. Trefft eure endgültige Entscheidung.“

Für Streit sorgen auch türkische Pläne, die Todesstrafe wiedereinzuführen. Erdogan bekräftigte nun, er werde dies billigen, wenn das Parlament dafür stimme. Zudem könnten auch darüber die Bürger in dem Referendum abstimmen. Unter anderem EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und die Bundesregierung haben wiederholt erklärt, dass bei einer Wiedereinführung der Todesstrafe die Beitrittsverhandlungen beendet würden.