Erbitterter Häuserkampf in Homs

Erbitterter Häuserkampf in Homs

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Häuser zusammengefaltet wie Blätterteig, zerfetzte Bäume, die berühmte Al-Walid-Moschee entstellt - das von der syrischen Armee zurückeroberte Innenstadtviertel von Homs sieht aus, als sei es zermalmt worden.

Die Wirklichkeit ist profaner: Nach einem Monat gnadenloser Kämpfe haben die Regierungstruppen die oppositionellen Kämpfer aus dem Stadtviertel Chaldije vertrieben.
Fast zwei Jahre lang hatten die Rebellen in ihrer „Hauptstadt der Revolution“ das große Viertel gleich nördlich der Altstadt unter Kontrolle, das heute die frischen Narben eines Kriegsschauplatzes zeigt, auf dem kein Gebäude verschont blieb. Die meisten Einwohner sind durch den Grüngürtel und über den Fluss in den westlichen Stadtteil al-Waer geflohen, wo sie von Versorgung abgeschnitten Hunger leiden.

In einigen Straßen schützen Wälle aus Schutt sowie zwischen Balkonen gespannte Planen vor Scharfschützen, den gefährlichsten Gegnern für beide Seiten. „Nur so kamen wir überhaupt voran“, berichtet der Oberstleutnant der Regierungstruppen, der diesen Abschnitt kommandiert. „Wir haben Planen über uns spannen müssen, um den Heckenschützen die Sicht zu nehmen. Ohne sie und die Sprengfallen hätten wir nicht mehrere Wochen gebraucht, Chaldije komplett unter unsere Kontrolle zu bringen.“

Rebellen kontrollieren Nachbarschaft

Doch in der direkten Nachbarschaft herrschen weiter die Rebellen. Scharfschützen im südlich angrenzenden Viertel Hamidije verhindern beispielsweise das Betreten der dem Mamluken-Feldherrn Chalid ibn al-Walid geweihten Moschee. Die berühmten schwarz-weißen Fassaden des Sakralbaus sind jetzt von Mörsergranaten perforiert.

Während sich die Armee von Präsident Baschar al-Assad bei ihrem Vormarsch auf Artillerie und Luftwaffe stützen kann, schlüpfen die Rebellen durch im Verborgenen geschlagene Löcher von Gebäude zu Gebäude. Durch Tunnel, die sie im Vorfeld mit Bohrgeräten vorangetrieben haben, tauchen sie plötzlich im Rücken der Soldaten auf.

Gnadenlose Kämpfe

Die Kämpfe sind gnadenlos, die Spuren in Chaldije überall sichtbar: In einer Apotheke gibt es nur noch leere Regale, im Gemischtwarenladen liegt einsam ein Getränkeautomat auf dem Rücken, in der Schreinerwerkstatt blieben nur die Hobelbänke übrig und beim Schneider die leeren Rollen der Stoffballen. „Die Gefechte liefen von Block zu Block, Haus zu Haus, Stockwerk für Stockwerk. Manchmal endeten sie sogar im Messerkampf“, berichtet ein Offizier.

„Öfters waren wir so nahe an unseren Feinden, dass wir sie reden hörten“, erzählt der Mann. Nach seinen Angaben handelt es sich bei fast der Hälfte der Rebellen um Ausländer. „Das haben wir an ihren Akzenten erkannt“, sagt der Offizier, dessen Angaben – wie nahezu alle Berichte von den Kämpfen in Syrien – von unabhängiger Seite nicht kontrolliert werden können.
Chaldije ist der zweite bedeutende militärische Erfolg der Assad-Armee binnen zwei Monaten, nachdem am 5. Juni weiter südlich die Rebellenhochburg Kusseir zurückerobert worden war. „Aber hier war es härter als in Kusseir“, berichtet der kommandierende Oberstleutnant, „weil die Straßen enger und die Gebäude weitaus höher sind“.

Über Internet kommt ein Kontakt mit Assad-Gegner Jasan zu Stande, der bis zum Schluss in Chaldije kämpfte und nun im Nachbarviertel verschanzt ist: „Klar sind viele total fertig, weil wir nach all der Zeit unser Viertel verloren haben. Aber damit ist die Revolution nicht erloschen.“ Die Altstadtviertel, letzte Rebellenbastion in Homs, werde nicht fallen. „Wir geben nicht auf.“