Entscheidung kommt überraschend

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Die katholische Kirche in Luxemburg hat überrascht auf die Ankündigung von Papst Benedikt XVI reagiert, sein Pontifikat am 28. Februar abzugeben.

„Ich bin überrascht und habe mit Respekt auf die Ankündigung reagiert, auch wenn es eine Neuigkeit in der Kirchengeschichte ist,“ sagte am Montagnachmittag Erzbischof Jean-Claude Hollerich. Gesundheit und Alter habe allerdings Vorrang, so Hollerich weiter. Benedikt war ein Papst der immer alles zu 100 Prozent durchdachte bevor er Entscheidungen traf, unterstreicht der Erzbischof. Auswirkungen auf Luxemburg habe die Entscheidung allerdings nicht, heißt es von der Pressekonferenz.

Papst Benedikt XVI. hat völlig überraschend am Montag seinen Rückzug angekündigt: Ein fast einmaliger Vorgang in der Geschichte der katholischen Kirche. Vor Ostern soll ein neuer Papst gewählt werden. Zum ersten Mal seit mehr als 700 Jahren tritt ein Papst ab. Joseph Ratzinger nennt Gesundheitsgründe. Er werde sein Pontifikat am 28. Februar abgeben, sagte der 85-jährige Joseph Ratzinger am Montag vor Kardinälen in Rom. Zuletzt hatte 1294 ein Papst aus freien Stücken sein Amt abgegeben. Das war Coelestin. In seiner Ansprache sagte Benedikt in lateinischer Sprache, er spüre das Gewicht der Aufgabe, dieses Amt zu führen, habe lange über seine Entscheidung nachgedacht und sie zum Wohl der Kirche getroffen

„Habemus Papam“

Der neue Papst wird von einem Konklave gewählt, das aus den Kardinälen der römisch-katholischen Kirche besteht. Das Prozedere in der Sixtinischen Kapelle ist bis ins kleinste Detail geregelt. Anzahl, Höchstalter und Kleidung der Kardinäle sind ebenso festgelegt wie Eidesformeln, Gebete und das Aussehen der Wahlzettel. Wer neuer Bischof von Rom wird, erfährt die Welt beim „Habemus Papam“. Wer im Konklave für oder gegen das neue Oberhaupt stimmte, soll sie nie erfahren. Die Kardinäle müssen absolute Verschwiegenheit schwören, Techniker sollen Lauschangriffe abwehren.

Seit Alexander III. (1159-1181) wählen die Kardinäle den Papst mit einer Zweidrittel-Mehrheit. Diese war nicht immer leicht zu finden: Im 13. Jahrhundert soll den Bürgern der italienischen Stadt Viterbo angesichts eines 18 Monate dauernden Ringens der Geduldsfaden gerissen sein: Sie sperrten die Kardinäle im Palast ein und setzten sie bei Wasser und Brot auf karge Kost. Schließlich ließen sie das Dach abdecken, damit Regen, Kälte und Hitze die Wahl beschleunigten. Dennoch dauerte das Konklave drei Jahre, bis Gregor X. sein Amt antrat.

„Veni Creator“

Eingeführt wurde das Konklave (vom lateinischen „cum clave“, „mit dem Schlüssel“) beim Konzil von Lyon im Jahr 1274. Den Mitgliedern bieten die rund 130 Gemächer des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ heute eher schlichten Komfort als Wasser und Brot. Wahlberechtigt sind Kardinäle unter 80 Jahren. Das Konklave muss spätestens 20 Tage nach dem Tod oder wie aktuell nach dem Rücktritt des Papstes beginnen.

Von der Cappella Paolina ziehen die anwesenden Wahlberechtigten in Chorkleidung und feierlicher Prozession in die Sixtina. Dabei erflehen sie mit dem Gesang „Veni Creator“ den Beistand des Heiligen Geistes. Der Gewählte muss nach Kirchenrecht weder Bischof noch Kardinal sein, nicht einmal Priester, sondern nur ein männlicher, gläubiger und unverheirateter Katholik bei klarem Verstand. Tatsächlich wählen die Kardinäle aber seit Jahrhunderten einen Vertreter aus ihrem Kreis.

Das große Schweigen

Die Kardinäle schwören ebenso wie Beichtväter, Ärzte, der Tischdienst und die Putzkolonne Verschwiegenheit. Sie dürfen keine Briefe schreiben oder empfangen, nicht telefonieren oder auf andere Weise Kontakt zur Außenwelt aufnehmen. Nach dem Einzug in die Sixtinische Kapelle legen die Kardinäle den Eid ab. Der Zeremonienmeisters befiehlt: „Extra omnes“ – alle außer den Kardinälen müssen die Sixtina verlassen. Jeder Kardinal erhält wenigstens zwei oder drei Stimmzettel. Auf diesen stehen bereits die Worte „Eligo in Summum Pontificem“ (Zum Papst wähle ich …).

Wenn die Kardinäle nacheinander an die Urne treten, sprechen sie die Formel: „Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich den gewählt habe, von dem ich glaube, dass er nach Gottes Willen gewählt werden sollte.“ Sind alle Wahlzettel in der Urne, beginnen Wahlhelfer mit der Auszählung. Hat nach einer erneuten Überprüfung alles seine Ordnung, werden die Stimmzettel verbrannt. Solange schwarzer Rauch aus der Sixtina aufsteigt, hat kein Kandidat die erforderliche Mehrheit. Ab dem zweiten Tag des Konklaves sind zwei Wahlgänge vormittags, zwei weitere Nachmittags möglich.

„Urbi et Orbi“

Gibt es nach drei Tagen kein Ergebnis, ist ein Tag Pause für Gebete, „zwanglose Gespräche unter den Wählern“ und eine Ansprache vorgesehen. Sollten sieben weitere Wahlgänge ebenfalls ohne Ergebnis enden, folgen wiederum ein Tag Pause und sieben Abstimmungen, dann wieder ein Tag Pause und wieder sieben Wahlgänge. Ist danach immer noch kein neuer Papst gewählt, so können die Kardinäle entweder in einer Stichwahl mit einfacher Mehrheit zwischen zwei Kandidaten entscheiden oder für die nächste Runde eine einfache Mehrheit für ausreichend erklären.

Ist die Entscheidung gefallen, muss der Kandidat die Wahl annehmen. Dann wird er gefragt, welchen Namen er sich gibt. Ist der Gewählte noch kein Bischof, wird er geweiht. Die Kardinäle huldigen ihm und versprechen Gehorsam. Aus dem Schornstein steigt nun weißer Rauch auf. Die Welt blickt auf die Loggia des Petersdoms, wo der erste der Kardinaldiakone den neuen Papst mit den Worten „Habemus Papam“ präsentiert. Das neue Pontifikat beginnt dann mit dem Segen „Urbi et Orbi“ (der Stadt und dem Erdkreis).