Ende einer Ära in Spanien

Ende einer Ära in Spanien
(dpa)

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Mit der Parlamentswahl an diesem Sonntag in Spanien geht die Ära Zapatero zu Ende. Der einst populäre Regierungschef hat infolge der Wirtschaftskrise einen rasanten Absturz in der Wählergunst erlebt.

José Luis Rodríguez Zapatero schien niemanden zu fürchten. Mal legte der spanische Ministerpräsident sich mit dem Vatikan an, mal mit dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush. Die mächtigsten Widersacher schienen dem Sozialisten wenig anhaben zu können. Erst die Wirtschaftskrise trieb ihn aus dem Amt. Rekordarbeitslosigkeit und Schuldenprobleme zwangen ihn dazu, für den 20. November vorgezogene Parlamentswahlen anzusetzen. Der Regierungschef wird dann nicht mehr antreten.

Damit markieren die Wahlen an diesem Sonntag – wie auch immer sie ausgehen werden – das Ende der Ära Zapatero. „Ich habe mein Amt mit einem Lächeln angetreten, und ich werde mit einem Lächeln gehen“, vertraute der 51-Jährige einmal einem Vertrauten an. Das Lächeln bei seinem Abtritt dürfte indes ziemlich bitter ausfallen. Spanien hat mit einer Quote von über 21 Prozent die höchste Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union. „Dafür fühle ich mich verantwortlich“, räumte Zapatero ein.

Problemland

Er konnte auch nicht verhindern, dass Spanien aus der Champions League der blühenden Wirtschaftsmächte in die zweite Liga der von Schulden geplagten Problemländer abstieg. Seine Beliebtheit bei den Wählern sank so tief, dass man fast den Eindruck bekommt, die Spanier wollen den Politiker nicht mehr sehen, der sie vor wenigen Jahren noch mit seiner charmanten Art, seinem verführerischen Lächeln und seinen „Bambi-Augen“ fasziniert hatte.

Zapatero hatte bei den Sozialisten (PSOE) lange Zeit als Hoffnungsträger und Siegertyp gegolten. Er eroberte im Jahr 2000 als krasser Außenseiter überraschend das Amt des Parteichefs und wurde 2004 zum Ministerpräsidenten gewählt, obwohl nach den Umfragen ein Sieg der Konservativen erwartet worden war. Eine seine ersten Amtshandlungen war der Rückzug der spanischen Soldaten aus dem Irak. Bush hat ihm dies nie verziehen.

Reformer

In seiner erster Amtszeit (2004-2008) tat Zapatero sich als mutiger Reformer hervor. Er setzte gegen heftigen Widerstand der katholischen Kirche durch, dass Homosexuelle heiraten und Kinder adoptieren dürfen. Seine Politik trug teilweise „feministische“ Züge. Als erster Regierungschef in der Geschichte Spaniens stellte er ein Kabinett zusammen, dem ebenso viele Frauen wie Männer angehörten. Zudem verhalf er den Spanierinnen zu mehr Rechten in der Arbeitswelt und bei Ehescheidungen.

Nach seiner Wiederwahl 2008 wahrte Zapatero seinen Reformeifer und seinen Optimismus, obwohl die Krise längst begonnen hatte. Zunächst weigerte er sich, das Ende des wirtschaftlichen Booms zur Kenntnis zu nehmen, dann stufte er den Konjunktureinbruch als eine kurzfristige Schwächephase ein. Er gab Milliardenbeträge aus, um die Wirtschaft anzukurbeln, konnte die Krise aber nicht aufhalten.

Wende

Im Mai 2010 kam die radikale Wende. Die EU machte Spanien klar, dass eine Überschuldung drohte und drastische Sparmaßnahmen unumgänglich waren. Zapatero musste nun auf eine Linie einschwenken, die den Idealen seiner Partei zuwiderlief: Er musste die Gehälter von Staatsbediensteten kürzen und Renten einfrieren. „Wenn er damals seinen Rücktritt erklärte hätte, wäre er heute wahrscheinlich ein Idol der Linken“, schrieb die Zeitung „El País“.

Trotz Krise und Arbeitslosigkeit konnte Zapatero aber auch in seiner zweiten Amtszeit (2008-2011) einige Erfolge verbuchen. Es gelang ihm, Spanien – abgesehen von einem Generalstreik – vor größeren Arbeitskämpfen zu bewahren. Zudem erreichte er, dass die baskische Untergrundorganisation ETA ihre definitive Abkehr von der Strategie des Terrors verkündete. Wenn die Separatisten sich daran halten, wird Zapatero in die Geschichte eingehen als derjenige, der dem ETA-Terror nach mehr als vier Jahrzehnten ein Ende setzte.

Die Bilanz seiner Regierungszeit wird maßgeblich vom Ausgang der Krise abhängen. Dank der Sparmaßnahmen steht Spanien nicht mehr in der vordersten Front der gefährdeten Schuldnerstaaten. Aber die Krise ist noch nicht überwunden.