Elf Tote bei Raketen-Einschlag in Bus

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In der Ostukraine sind beim Beschuss eines Busses elf Zivilisten getötet worden. Der Ostukraine-Gipfel rückt in immer weitere Ferne. Der Europarat wirft dem Personal von zwei ukrainischen Gefängnissen Folter vor.

Nach Angaben der ukrainischen Armee und Polizei hatten prorussische Separatisten am Dienstagnachmittag einen Kontrollposten der Armee mit Grad-Raketenwerfer beschossen, dabei aber versehentlich den Bus getroffen. Es ist der tödlichste Angriff auf Zivilisten seit Wochen. Eine baldige Lösung des Konflikts ist weiter nicht in Sicht. Laut einem Sprecher der ukrainischen Armee fand der Angriff nahe der Ortschaft Bugas rund 35 Kilometer südöstlich der Rebellenhochburg Donezk statt. Er galt demnach einem Kontrollpunkt der Armee auf der Verbindungsstraße zwischen Donezk und Mariupol am Asowschen Meer.

Unter den Toten sind sieben Frauen, eine von ihnen erlag am Abend ihren Verletzungen. Ein Vertreter der prorussischen Separatisten wies die Vorwürfe zurück und machte indirekt die ukrainische Armee verantwortlich. Er verwies darauf, dass die Stellungen der Rebellen für einen derartigen Beschuss zu weit entfernt seien. Kiew und die Rebellen geben sich immer wieder gegenseitig die Schuld für Angriffe, bei denen Zivilisten getroffen werden.

Gewalt trotz Feuerpause

Beide Seiten hatten sich am 9. Dezember auf eine Feuerpause geeinigt, doch nimmt die Gewalt seit Ende vergangener Woche wieder zu. Erst am Morgen wurden ein Soldat und drei Zivilisten getötet. Insgesamt starben in dem neunmonatigen Konflikt mehr als 4700 Menschen. Der Leiter der OSZE-Beobachtermission, Ertugrul Apakan, zeigte sich besorgt über die „deutliche Verschlechterung der Lage“ und rief beide Seiten zur sofortigen Waffenruhe auf. Die Hoffnungen auf einen baldigen Gipfel zur Lösung des Konflikts zerschlugen sich jedoch erneut. Die Außenminister aus der Ukraine, Russland Deutschland und Frankreich konnten sich am Montagabend in Berlin nicht auf einen Termin einigen.

Eigentlich sollte der Gipfel am Donnerstag in Kasachstan stattfinden. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte den Vierergipfel in Astana Ende Dezember angekündigt. Neben ihm und dem russischem Präsidenten Wladimir Putin sollten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande teilnehmen. Eine Teilnahmebestätigung gab es jedoch aus keiner der drei Hauptstädte.

Die Richtung ist unklar

Nach Einschätzung der unabhängigen russischen Analystin Maria Lipman müsste die russische Führung bei einem solchen Gipfel Verpflichtungen eingehen, die für sie „unannehmbar“ seien, da sie sich nicht als Konfliktpartei ansehe. Nach Auffassung ihres ukrainischen Kollegen Olseksij Melnik haben alle Seiten derzeit schlichtweg keine Ahnung, in welche Richtung ein Kompromiss gehen könnte.

Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin teilte am Dienstag mit, es sollten nun zunächst Gespräche zwischen Vertretern Kiews und der Separatisten stattfinden. Danach sollten die vier Außenminister erneut zusammenkommen, „um über unsere Fortschritte zu beraten und einen ganz klaren Plan für unsere künftigen Bemühungen festzulegen“. Einen Terminplan für die weiteren Verhandlungen nannte er nicht.

Die USA stellten derweil der wirtschaftlich angeschlagenen Ukraine weitere Hilfen in Aussicht. US-Finanzminister Jack Lew sagte für die erste Jahreshälfte eine Kreditbürgschaft in Höhe von einer Milliarde Dollar (885 Millionen Euro) zu, sollte die Regierung in Kiew ihre Reformen fortsetzen. Je nach Entwicklung könnte eine weitere Bürgschaft in der zweiten Jahreshälfte folgen, erklärte Lew.

Wird in den Gefängnissen gefoltert?

Das Antifolterkomitee des Europarats hat indes schwere Anschuldigungen gegen das Personal zweier Gefängnisse nahe der ukrainischen Stadt Charkiw erhoben. Häftlinge der Strafkolonien 25 und 100 hätten berichtet, wie sie von Beamten verprügelt, mit Schlagstöcken vergewaltigt und in Zwangsjacken gesteckt worden seien oder ihnen mit Seilen der Bauch so lange zugeschnürt worden sei, bis sich ihr Darm entleert habe, berichtete das Komitee am Dienstag von seinen Gefängnisbesuchen im September.

Obwohl Folter offenbar weniger verbreitet war als Misshandlungen, „hatte die Delegation den deutlichen Eindruck, dass die beiden Haftanstalten mit Hilfe eines Systems von Einschüchterung und Gewalt verwaltet wurden“, hieß es in dem Bericht. Demnach zögerten viele Häftlinge oder weigerten sich rundheraus, mit der Delegation zu sprechen.

Der Bericht wurde mit Zustimmung der Regierung in Kiew auf der Internetseite des Antifolterkomitees veröffentlicht. Dessen Delegation rief die Behörden auf, so schnell wie möglich unabhängige Ermittlungen zur Verwaltung der beiden Gefängnisse einzuleiten und dafür zu sorgen, dass die Häftlinge wegen ihrer Aussagen keinen Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt seien. Kiew muss nun binnen zwei Monaten auf die Vorwürfe reagieren.