Einer gegen den Rest der Welt

Einer gegen den Rest der Welt
(AFP/Saul Loeb)

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Es ist ein Auftritt, der in vielerlei Hinsicht an den ersten Tag seiner Präsidentschaft erinnert.

Wie bei seiner Vereidigung vor viereinhalb Monaten hält Donald Trump eine Brandrede, mit der er auf Konfrontationskurs zum Rest der Welt geht. Der US-Präsident verkündet am Donnerstag die Abkehr vom Pariser Abkommen zum Klimaschutz – einer Vereinbarung, die nach seiner Darstellung darauf abzielt, seinem Land massiven Schaden zuzufügen und anderen Ländern einen „wirtschaftlichen Vorsprung“ zu verschaffen.

Trumps Ankündigung kommt nicht überraschend. Denn schon am Vortag ist durchgesickert, dass der Präsident mit seinem Wahlkampfversprechen ernst machen und das historische Abkommen vom Dezember 2015 aufkündigen will. Doch dürfte dies die weltweite Schockwirkung seiner düsteren Rede im sonnendurchfluteten Rosengarten des Weißen Hauses kaum mildern.

Denn Trump belässt es nicht dabei, das Abkommen als unausgewogen zu verwerfen. Er stellt die übrige Welt an den Pranger. So wie Trump es darstellt, hat sich sein Vorgänger Barack Obama regelrecht über den Tisch ziehen lassen. Der Rest der Welt sei bei der Unterzeichnung des Abkommens „so glücklich“ gewesen, höhnt der US-Präsident: „Sie sind außer Rand und Band geraten.“ Der Grund sei, dass damit eine „massive Umverteilung des Wohlstands der Vereinigten Staaten an andere Länder“ beschlossen worden sei.

Nationaler Selbstschutz

Gegen Ende der rund halbstündigen Rede wird immer klarer, dass es dem Präsidenten um noch viel mehr geht als um die Energiepolitik. Trump erklärt das Klima-Abkommen zur Manifestation genereller internationaler Bestrebungen, „sich auf Kosten unseres Landes zu bereichern“.

Den Austritt aus der Vereinbarung stilisiert er so zum Akt des nationalen Selbstschutzes – dramatisch spricht er von der „Wiederbehauptung amerikanischer Souveränität“. So wie Trump die Welt sieht, sind die USA unter Obamas Führung geradezu zur Lachnummer geworden. „Wir wollen fair behandelt werden“, sagt er. „Wir wollen nicht, dass andere Länder und Lenker uns weiter auslachen.“ Zwar streut der Präsident ein, dass er in neue Verhandlungen über ein internationales Klima-Abkommen einsteigen will. Aber er fügt sogleich hinzu, dass es für ihn auch „in Ordnung“ ist, wenn daraus nichts wird. Schließlich sei er gewählt worden, „um die Bürger von Pittsburgh zu repräsentieren, nicht die von Paris“.

Verhärtete Fronten

Die Rede macht überdeutlich, dass Trumps tiefsitzendes Misstrauen gegenüber multilateralen Partnerschaften durch seine ersten Amtsmonate, seine zahlreichen Kontakte mit internationalen Staatenlenkern, seine neuntägige Auslandsreise nicht abgemildert worden ist. So stellt er das Paris-Abkommen auch in eine Reihe mit den angeblich unfairen Handelspraktiken und den vergleichsweise geringen Verteidigungsausgaben der Verbündeten. Trumps markante Worte suchen aber auch zu kaschieren, dass seine Entscheidung selbst in der eigenen Regierung umstritten ist. Ein langes Ringen hinter den Kulissen ist vorausgegangen. Gesiegt hat das vom Chefstrategen Stephen Bannon angeführte Lager der Hardliner, zu dem auch der Chef der Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, gehört.

Zu den Verlierern zählen Außenminister Rex Tillerson und wohl auch Trumps Tochter Ivanka – sie soll laut Medienberichten ebenfalls für Treue zu dem Abkommen geworben haben. Bannon war in den vergangenen Monaten von US-Kommentatoren bereits abgeschrieben worden – vielen galt er als Figur auf dem Abstellgleis.

Richtung Wählerbasis

Das Comeback des rechtsnationalistischen Ideologen dürfte dadurch begünstigt worden sein, dass sich Trump unter dem Druck der Affäre um dubiose Russland-Kontakte seines Teams wohl wieder stärker auf die Kernthemen seiner Wahlkampagne besinnt. Wie seine Vereidigungsrede ist auch die Ansprache im Rosengarten offenkundig vor allem an seine Wählerbasis adressiert. „Es ist Zeit, Amerika wieder großartig zu machen“, zitiert Trump denn auch zum Abschluss seinen Wahlkampfslogan.