Eine „verkappte“ Fristenlösung

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LUXEMBURG – Die Debatten im parlamentarischen Justizausschuss haben es nicht geschafft, den Streit über die zweite obligatorische Beratung bei einer Abtreibung zu entschärfen. Sie bleibt Teil des Gesetzentwurfs.

Am 11. Juli traf sich der parlamentarische Justizausschuss, um über die Abänderungen im Gesetzentwurf über den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch zu diskutieren. Klärungsbedarf bestand unter anderem, was die zweite Konsultation anbelangt. Der Gesetzentwurf schreibt vor, dass neben der normalen medizinischen Konsultation eine weitere psychosoziale Beratung bei einer vom Staat anerkannten Organisation eingeholt werden muss. Diese Anlaufstellen sollen der Frau Hilfsangebote vermitteln und Alternativen zu einem freiwilligen Schwangerschaftsabbruch aufzeigen.

Die CSV und die LSAP bekräftigten am Mittwoch ihre vor ein paar Wochen erzielte Einigung. Die Oppositionsparteien widersetzen sich dieser Regelung. Sie schränke die freie Entscheidung der betroffenen Frauen ein und fördere die illegalen Abtreibungen im Ausland, heißt es.

Frauen = Straftäterinnen?

Die Kritiker etwa vom Kollektiv „Si je veux“ sprechen von einer „verkappten“ Fristenlösung. Von einer echten Fristenlösung spricht man, wenn sie der Frau das Recht einräumt, ohne Vorbedingung innerhalb eines bestimmten Zeitraums abzutreiben.

Unterstützt werden die Kritiker des aktuellen Gesetzesvorhabens vom Staatsrat und der Menschenrechtskommission (CCDH), die sich in diesem Zusammenhang für das Grundrecht der Frau, selbst über ihren Körper entscheiden zu dürfen, aussprechen. In anderen Ländern, wie in Frankreich werde eine Abtreibung nicht als Straftat angesehen. Dort sei es vielmehr eine Frage der allgemeinen Gesundheitspolitik. Das Justiz- und das Familienministerium lehnen es jedoch weiterhin ab, die Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch zu verbannen.

Das Kollektiv „Si je veux“ verteidigt das Recht der Frau auf Selbstbestimmung. Es hatte im März 2010 mehr als 3.200 Unterschriften gegen den Gesetzentwurf gesammelt. Anstatt die Frauen, die abtreiben wollen, als Straftäterinnen zu behandeln, solle man lieber die Aufklärungspolitik verbessern und mehr Verhütungsmaßnahmen ergreifen, fordert die Arbeitsgruppe. Die Tabus um die Sexualität würden jedoch bewirken, dass das aktuelle Gesetz und seine Anwendung in der Bevölkerung wenig bekannt sind und die Frauen schlecht informiert sind über ihre Rechte in Sachen Schwangerschaftsabbruch, so das Kollektiv. Und erinnert daran, dass seit 2009 das „Planning Familial“ Abtreibungen im Rahmen des Gesetzes vornimmt. Ziel sei es, die oft gefährlichen Abtreibungen im Ausland zu verhindern.

Keine Strafe wenn …

Der Schwangerschaftsabbruch ist derzeit nicht strafbar, wenn der Eingriff innerhalb der ersten 12 Wochen stattfindet (Frist) und zum Beispiel Gefahr für die physische und psychische Gesundheit der schwangeren Frau oder des Ungeborenen besteht. Nicht strafbar ist die Abtreibung nach einer Schwangerschaft infolge einer Vergewaltigung.

Das Abtreibungsgesetz in Luxemburg war 1978 von der DP-LSAP-Koalition verabschiedet worden. Jetzt soll es reformiert werden. Der vorgelegte Entwurf, der von CSV und LSAP begrüßt wird, wird bei den Beratungsstellen, Frauenorganisationen, Oppositionsparteien, dem Staatsrat und der Menschenrechtkommission heftig kritisiert. Das Luxemburger Gesetz ist eines der strengsten in der ganzen EU. Sogar katholische Länder, wie Portugal seit 2007 und seit kurzem Spanien, haben für ein liberales Gesetz gestimmt.