Ein Weinland vor dem Umbruch

Ein Weinland vor dem Umbruch
(Tageblatt-Archiv)

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Der durchschnittliche Luxemburger trinkt immer weniger Wein. Dabei hat das eigene Land an Weinen in diesem Bereich jede Menge zu bieten.

Die Luxemburger Mosel gilt mit ihren steilen Hängen und Gesteinsböden als Qualitäts-Weißweinanbaugebiet. Doch trotz starkem Bevölkerungswachstum seit den 1990ern Jahren nimmt der Konsum von inländischem Wein stark ab. In den Jahren 1990/1991 trank der durchschnittliche Luxemburger im Jahr noch 29 Liter heimischen Wein. 23 Jahre später ist diese Zahl auf 10,7 Liter gesunken, also fast zwei Drittel weniger.

Ist der Luxemburger Wein etwa gefährdet? André Mehlen, Weinkontrolleur des Weinbauinstituts, beantwortet diese Frage mit einem klaren Nein.

Unterschiedliche Gründe

Der Rückgang des Pro-Kopf-Konsums von inländischem Wein liege nicht hauptsächlich daran, dass die Luxemburger den eigenen Wein nicht mehr trinken wollen. Laut Mehlen sei der Trend zum sinkenden Alkoholkonsum nämlich nicht nur in Luxemburg, sondern auch weltweit zu beobachten. Das Verhalten der Konsumenten habe sich vor allem in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Der Alkoholkonsum werde tendenziell im kollektiven Bewusstsein als ungesünder empfunden, als dies früher der Fall war. Nicht zuletzt habe auch die Einführung der Promillegrenze dazu beigetragen, dass weniger Alkohol getrunken wird.

Einen anderen Grund für den Vorbehalt gegen inländischen Wein sieht Mehlen darin, dass der luxemburgische Konsument oft meint, er werde ihm im Restaurant oder in der Bar zu teuer angeboten. Die Luxemburger kennen die Preise, die sie beim Winzer für eine Flasche zahlen und fühlen sich deswegen „über den Tisch gezogen“. Dies sei nicht der Fall. Tatsächlich – aber sei der Preisaufschlag des Luxemburger Weins mit dem des ausländischen vergleichbar.

Winzer müssen umdenken

Angesichts dieser Entwicklungen müssen die Weinanbaubetriebe umdenken und die alten Vermarktungswege überarbeiten.

Der Weinbausolidaritätsfonds hat dafür eine Studie in Auftrag gegeben. Diese soll eine Aufnahme des aktuellen Zustands der Weinvermarktung in Luxemburg liefern. Man will beleuchten, wo genau es welcher Art von Marketing bedarf und sich langfristige Ziele setzen. Eine genaue Vision hat man jedoch noch nicht, da die Studie im Moment noch läuft.

Brachliegendes Potenzial sehe man in den weintrinkenden Ausländern. Aus Statistiken des Weinbauinstituts in Remich geht hervor, dass diese kaum Luxemburger Wein trinken. Man erhofft sich, vor allem britische und nordeuropäische Einwohner, die ein ähnliches Trinkverhalten haben wie die Luxemburger, dazu anregen zu können, mehr inländischen Wein zu trinken.

Crémant bleibt Spitzenreiter

Der Export des Luxemburger Wein macht rund die Hälfte des Absatzes aus. Mehlen zufolge sind das konstante, gute Zahlen. Probleme haben die Weinbaubetriebe aber, wenn die Erträge niedriger sind als geplant. Mehr exportieren sei zwar möglich, aber nicht unabdinglich, vor allem, weil die Winzer an Ertragsgrenzen festgebunden sind, die Qualität über Quantität setzen.

Mehlen lobt des Weiteren den großen Erfolg des Crémant. Seit der Einführung der „Appellation Crémant de Luxembourg“ in 1991 steigen die Produktionszahlen beständig. 2014 machte er 23 Prozent der gesamten Produktion aus, eine Zahl, die zukünftig weiterhin wachsen soll. Dieser Erfolg liege daran, dass Luxemburg hier ein konsequent qualitativ hochwertiges Produkt herstellt. Auch die Vielfalt der „Crémants de Luxembourg“ trägt zur Beliebtheit des Getränkes bei.

Durch die Abnahme des Pro-Kopf-Konsums greift der heutige Konsument nach dem Motto „weniger ist mehr“ eher zu hochwertigeren Weinen. Hier muss der Weinbau in Luxemburg mitziehen. Mit der Einführung der „Appellation d’origine protégée“ (AOP) wurden bereits erste Schritte in diese Richtung getan. Aber in puncto Marketing kann noch einiges geleistet werden. Schließlich wird an der Mosel von Weißwein bis Crémant über Spezialitätsweine wie Eiswein und sogar Rotwein alles produziert. Der Wein muss nur noch an den Mann (und die Frau) gebracht werden.

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