Ein Symbol wird abgebaut

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Das große SOS, welches das Stahltal der Fensch oberhalb der Stadt Hayange über 24 Monate prägte, ist verschwunden. Bürgermeister Philippe David ließ es abbauen.

Wer statt der Autobahn Luxemburg-Metz über die Autobahn von Longwy nach Metz fährt, kommt hinter dem Tunnel oberhalb der Stadt Hayange an einer großen Marienstatue vorbei, die unübersehbar auf der anderen Seite des Tales steht. Gut zwei Jahre lang wurde die Statue zu ihren Füßen von drei riesigen Buchstaben „geschmückt“.

„SOS“ hatten die Stahlwerker der ArcelorMittal Anlage von Florange/Hayange dort geschrieben. Sie wollten damit auf ihren Kampf zur Erhaltung der Hochöfen von Hayange und der damit verbundenen 621 Arbeitslätze hinweisen. Eine Auseinandersetzung, die sich zum Drama zwischen der französischen Regierung und dem weltgrößten Stahlkonzern entwickelte. Eine Auseinandersetzung, die mit einem Vertrag zwischen ArcelorMittal und der französischen Regierung, aber auch mit dem Ausblasen – wie ursprünglich schon 2002 für 2010 von Arcelor geplant – endete.

Der Abbau der drei Buchstaben erfolgte ohne Proteste und ohne großes Aufsehen. Bürgermeister David hatte zuvor mit den Gewerkschaften geredet und auf Sicherheitsbedenken verwiesen. Die Gewerkschaften protestierten nicht. Nach außen ist Ruhe eingekehrt im Stahltal. Die sozialistischen Politiker, die den Kampf der Gewerkschaften bis hin zur Forderung der Verstaatlichung unterstützt hatten, begnügen sich heute damit, die Performance des Konkurrenten Tata zu loben, der in Hayange Eisenbahnschienen für Hochgeschwindigkeitsstrecken – unter anderem für die Deutsche Bahn – herstellt. Der Bürgermeister von Florange, Philippe Tarillon, hat seine Position allerdings nicht verändert. Er sei dafür gewesen, ArcelorMittal in seiner Gesamtheit in Frankreich zu verstaatlichen, schrieb er auf seiner Facebook-Seite.

Vertrag buchstabengetreu eingehalten

Eine Kommission unter Leitung des ehemaligen Präfekten von Thionville begutachtet regelmäßig, was heutzutage in Florange geschieht. Sie stellte in ihrer jüngsten Sitzung fest, dass das Unternehmen Aufträge oder direkte Investition in Höhe von 109 der 180 Millionen Euro vorgenommen und vergeben hat. ArcelorMittal erfüllt den Vertrag mit der französischen Regierung buchstabengetreu und bietet keine Angriffsfläche mehr.

Im Tal der Fensch geht die Auseinandersetzung nun aber mit Nadelstichen weiter. Der Bürgermeister von Florange lobt im beginnenden Wahlkampf für die Kommunalwahlen ostentativ, was sein sozialistischer Kollege in Uckange macht. Dort steht, von der Autobahn nach Metz ebenfalls zu sehen, ein Hochofen eingemottet als Denkmal. Zum Abbau der drei Buchstaben äußert er sich nicht. Dafür äußert sich der Bürgermeister von Hayange. Er ist wütend darüber, dass die ausgeblasenen Hochöfen, von denen jeder im Stahltal weiß, dass sie nie wieder angeblasen werden, nun für sechs Jahre konserviert werden sollen. Mit diesen Denkmälern, sagt er, sei es kaum möglich, aktive Wirtschaftsförderung zu machen und Unternehmen anzusiedeln. Es ist unüberhörbar, dass, wenn es nach ihm ginge, die Hochöfen abgerissen werden sollten. Auch der Präsident des Generalrates in Metz, Patrick Weiten, hatte im Gespräch mit Journalisten anklingen lassen, dass es wohl besser sein würde, die Hochöfen abzureißen, statt sie sechs Jahre lang vor sich hinrosten zu lassen.

Die Diskussion um die Hochöfen ist im Tal der Fensch noch lange nicht beendet.

(Helmut Wyrwich / Tageblatt.lu)