/ Ein spannendes Jahr für die EU

Für die Europäische Union wird 2014 kein Jahr wie jedes andere. Es geht nicht mehr „nur“ um die Bewältigung der Wirtschaftskrise und die Suche nach dem erlösenden Aufschwung. Es geht ums Ganze: Denn bei der Europawahl vom 25. Mai machen die Bürger klar, was sie von der EU halten. Die Politiker sehen dem Datum nicht ohne ängstliche Spannung entgegen. Denn die Karten innerhalb der EU könnten völlig neu gemischt werden – gerade dann, wenn die EU sich wieder einmal auf Sinnsuche befindet.
Die erste Wahl des Europaparlaments nach Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags ist vor allem wichtig, weil das Parlament mit dem Vertrag mehr gesetzgeberische Kraft hat denn je. Aber es sieht nicht gut aus: Die Wahlbeteiligung ist seit 1979 kontinuierlich gesunken – 2009 betrug sie gerade noch 43 Prozent. Eine noch dramatischere Abwendung der Bürger vom EU-Parlament könne die Legitimität des Parlaments „unterhöhlen“, fürchtet Luxemburgs früherer Regierungschef Jean-Claude Juncker.
Populisten
Ihn und viele andere treibt besonders die Angst um, Kritiker und Feinde von EU und Euro könnten deutlich erstarken. „Meine allergrößte Sorge ist, dass wir am Abend der Europawahlen feststellen könnten, dass der europäischen Integration nicht wohlgesonnene Parteien doch einen erheblichen Einfluss im Parlament haben könnten.“ Es gebe eine Gefahr, dass Populisten jedweder Provenienz in Europa den Durchmarsch schaffen könnten.
Weniger als ein Drittel der EU-Bürger hat der offiziellen Eurobarometer-Umfrage zufolge noch Vertrauen in die EU-Institutionen (2009 war es noch die Hälfte). Und das gute Image der EU ist seither um 18 Punkte auf 30 Prozent gesunken, das schlechte um 14 auf 29 Prozent gestiegen. Dass die miese Stimmung sich nicht im Wahlergebnis, zumindest aber in der Wahlbeteiligung, niederschlägt, glaubt kaum jemand.
Extrem wichtig
Was im Europaparlament passiert, ist mittlerweile extrem wichtig – erstens wegen der dortigen Gesetzgebung, zweitens aber auch wegen der Folgen für das europäische Führungspersonal. Denn Artikel 17 des EU-Vertrags besagt, dass der Rat der Staats- und Regierungschefs dem EU-Parlament einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der EU-Kommission vorschlägt. „Dabei berücksichtigt er (der Rat) das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament“, heißt es dort.
Daraus schließen viele EU-Abgeordnete, die Regierungen müssten denjenigen zum Kommissionspräsidenten vorschlagen, der zuvor von einer Parlamentsmehrheit für diese wichtige Position ausgesucht wurde. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) stützt auf diese weit verbreitete Lesart die Hoffnung, Kommissionspräsident zu werden. Die christdemokratische Europäische Volkspartei (EVP) als größte Fraktion im Parlament hat es bisher noch nicht geschafft, zumindest einen möglichen Kandidaten auszugucken.
Keine Verpflichtung
Im Ministerrat gibt es aber durchaus auch die Lesart, das Wort „berücksichtigt“ bedeute keineswegs eine Verpflichtung der Regierungen, einer Empfehlung des Parlaments zu folgen. Die Regierungen könnten wie bisher einen Kandidaten aussuchen, von dem sie hofften, dass er im Parlament eine Mehrheit finde. Das Parlament würde diese Sicht als Affront empfinden, ein Machtkampf von bisher ungekannter Schärfe zwischen den beiden Institutionen könnte die Folge sein.
2014 muss sich die EU im ersten Jahr der neuen, bis 2020 reichenden Finanzplanung mit knapperen Kassen zurechtfinden. Die Wirtschafts- und Finanzkrise lastet schwer auf der EU: Vor allem in den vergleichsweise reicheren Staaten – von Deutschland über die Niederlande und Großbritannien bis hin nach Frankreich und Italien – sind unterschiedliche politische Gruppen entstanden, die die EU in ihrer jetzigen Form ablehnen. Dem stellt Noch-Kommissionspräsident José Manuel Barroso das Konzept eines verstärkten Föderalismus entgegen: Nur mehr und nicht weniger Europa könne verhindern, dass der Kontinent alte Fehler wiederhole. Es klingt fast trotzig.
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