Ein Energiespar-Label für Reifen

Am Regal wirds bunt: Auf den Reifen informieren künftig grün-gelb-rote Aufkleber über Rollwiderstand, Lärmentwicklung und Bremsverhalten. Das Verbraucherlabel ist vom 1. November an EU-weit Pflicht, seit Ende Mai gab es bereits eine Probephase auf freiwilliger Basis. Die Vorschrift soll den Kunden auf einem verwirrenden Markt mit rund 2500 verschiedenen Pkw-Reifen helfen.

„Alles, was dem Verbraucher mehr Informationen über ein Produkt gibt und ihm erlaubt, verschiedene Produkte zu vergleichen, ist gut“, erklärt Dina Freitas, Sprecherin des ACL zu Tageblatt.lu. Der luxemburgische Automobil-Klub erhofft sich einen Qualitätsschub durch mehr Transparenz. Die neue Kennzeichnung ist Teil einer EU-Strategie, die vorsieht bis 2020, die Zahl der Verkehrstoten in Europa um die Hälfte zu senken und den Energieverbrauch um bis zu 50 Prozent zu reduzieren.

Das Label hat jedoch schon in der Vorbereitungsphase den Wettbewerb auf dem ohnehin heiß umkämpften Reifenmarkt kräftig angeheizt. Die Reifenhersteller bemühen sich, mit hochwertigen Materialmischungen möglichst gute Einstufungen für ihre Reifen zu erreichen. Schwer werde es vor allem für Billiganbieter etwa aus Fernost – aber nur, falls die Kunden nicht vorwiegend nach Geldbeutel entscheiden.

Hohe Kosten = höhere Preise

Die Kosten für die vom Hersteller durchgeführten und bezahlten Tests sind erheblich. Sie liegen laut Hersteller in dreistelliger Millionenhöhe. Mittelfristig wird sich das wohl auch auf die Preise auswirken, sagen Experten. Seit einiger Zeit sei ohnehin durch die treueren Rohstoffe eine Preiserhöhung bei den Reifen festzustellen, so die ACL-Sprecherin.

Für die EU ist das Label Verbraucher- und Umweltschutz zugleich. Rund ein Viertel des Spritverbrauchs von Autos geht nach Einschätzung von Experten auf das Konto des Rollwiderstandes, den ein guter Reifen minimiert. Bis zu einem halben Liter lasse sich auf 100 Kilometer mit dem Top-Reifen der Kategorie A im Verhältnis zum Schlechtesten sparen. Allerdings lasse sich durch zurückhaltende Fahrweise weit mehr sparen als durch Reifen, betonen die Automobil-Klubs.

Das neue EU-weite Verbraucherlabel zeigt eine Klassifizierung des Neureifens nach Rollwiderstand, Haftung bei Nässe und Geräuschentwicklung beim Vorbeifahren. Die Spannbreite beim Rollwiderstand reicht von A (grün) bis G (Mindeststandard, rot). Dem entspricht ein Unterschied im Spritverbrauch von 7 bis 8 Prozent. Die unterschiedliche Nasshaftung zwischen A und G sorgt bei einer Vollbremsung aus Tempo 80 für einen 18 Meter kürzeren Bremsweg mit dem Spitzenreifen. Auf dem Piktogramm für die Lärmentwicklung entspricht jede Schallwelle 3 Dezibel. Der Aufkleber muss mindestens 7,5 mal 10 Zentimeter groß sein.

Einige Kritikpunkte

Auch wenn der Luxemburger Automobilklub die Einführung des Labels im Allgemeinen begrüßt, bemängelt er jedoch, dass auf den Etiketten zum Beispiel keine Informationen über den Bremsweg bei Nässe, auf Schnee oder bei vereister Fahrbahn oder auf trockener Straße auf der Etikette enthalten sind. Der ACL kritisiert auch, dass keine Sanktionen bei Mogeleien bei der Inschrift des Etiketts vorgesehen sind. Schließlich sei es auch nicht richtig, dass die Normen von der EU vorgeben werden, aber das Aufbringen des Etiketts in die Verantwortlichkeit der Hersteller fällt. Warum sollen sie allein die ganzen Kosten tragen?

Die Reifenhändler ihrerseits haben sich eigenen Angaben zufolge auf den zusätzlichen Beratungsbedarf durch das Label eingestellt. Das Personal wurde geschult, sodass es den Kunden bestens über die Neuerung informieren könne, betonten gleich mehrere Händler gegenüber Tageblatt.lu. Die Verkäufer messen aber weiterhin den großen Reifentests eine große Bedeutung bei, da diese praxisorientierter seien.