Durchbruch bei Euro-Krise

Durchbruch bei Euro-Krise
(dpa)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der EU-Gipfel stellt Spanien und Italien Nothilfen in Aussicht. Krisenländer bekommen künftig leichter Kredite aus dem Rettungsfonds. Wie das alles genau funktionieren soll, ist noch offen.

Durchbruch nach einem 13 Stunden langen Nervenkrieg: Auf Druck Italiens und Spaniens hat der EU-Gipfel am Freitag in Brüssel Nothilfen zur Stützung von Euro-Wackelkandidaten beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lenkte nach hartem Ringen ein und kam den Krisenländern entgegen. Diese sollen künftig leichter auf den Euro-Rettungsfonds zugreifen können – und dabei weniger Auflagen erfüllen müssen. Der Rettungsfonds soll zudem Banken aus hochverschuldeten Ländern direkt Hilfen gewähren und damit deren Staatshaushalte entlasten. Im Gegenzug stimmten Spanien und Italien nach anfänglicher Blockade einem Konjunkturprogramm von 120 Milliarden Euro zu.

Die Einigung gelang nach einer turbulenten Nachtsitzung. Die unter Druck der Finanzmärkte stehenden Länder Spanien und Italien pokerten hoch. Die Kanzlerin kam ihren Widersachern, Italiens Premier Mario Monti und Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy, entgegen. In einem anderen Punkt blieb Merkel hart: Nach ihrem klaren Nein tauchen gemeinsame Anleihen (Eurobonds) nicht im Kommuniqué des Gipfels auf.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte die Beschlüsse: „Wir sind unserer Philosophie, keine Leistung ohne Gegenleistung, treu geblieben“, sagte Merkel am Freitag bei der Ankunft zur zweiten Gipfelrunde. „Insofern bleiben wir also vollkommen in unserem bisherigen Schema: Leistung, Gegenleistung, Konditionalität und Kontrolle.“

Die Märkte reagierten auf die Schnellmaßnahmen positiv: Die Zinsen an den Anleihemärkten gingen am Morgen deutlich zurück.

Laut Gipfelerklärung einigten sich die Regierungschefs darauf, die bestehenden Instrumente der Hilfsfonds EFSF und ESM „flexibel“ zu nutzen, um die Staatsanleihenmärkte zu stabilisieren.

Gemeinsame Bankenaufsicht

Die Euroländer haben sich auf die Schaffung einer unabhängigen gemeinsame Bankenaufsicht unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank (EZB) geeinigt. In einem zweiten Schritt soll dann dem Rettungsfonds EFSF erlaubt werden, angeschlagene Banken direkt mit Kapital zu versorgen, wie EU-Ratspräsident Herman van Rompuy sagte. Allerdings setzt dies eine Vereinbarung mit dem betreffenden Land und „angemessene Konditionen“ voraus.

Aus der vereinbarten Erklärung geht hervor, dass die Bankenkontrolle unter der Beteiligung der Europäischen Zentralbank organisiert werden soll. In einem zweiten Schritt soll dann dem Rettungsfonds EFSF erlaubt werden, angeschlagene Banken direkt mit Kapital zu versorgen, wie EU-Ratspräsident Herman van Rompuy sagte. Allerdings setzt dies eine Vereinbarung mit dem betreffenden Land und „angemessene Konditionen“ voraus.

Zähe Verhandlungen

In dramatischen Verhandlungen wurde versucht, sich auf Notmaßnahmen für Italien und Spanien zu verständigen. Die beiden Euro-Wackelkandidaten blockierten zwischenzeitlich eine endgültige Einigung auf den Pakt für Wachstum und Stabilität. In einer Erklärung heißt es: „Es ist entscheidend, den Teufelskreis zwischen Banken und souveränen Staaten zu durchbrechen.“

Spanien pochte in den ausgesprochen zähen Verhandlungen auf direkte Finanzspritzen der europäischen Rettungsfonds für marode Banken im Land. Bisher gibt es diese Möglichkeit nicht. Nach den Worten von Frankreichs Präsident François Hollande will Madrid damit vermeiden, dass Bankenhilfen auf die Staatsverschuldung angerechnet werden. Spanien hat bereits einen Antrag gestellt, um europäische Finanzhilfen für seine angeschlagenen Geldhäuser zu erhalten – im Gespräch ist eine Summe von bis zu 100 Milliarden Euro.

Neue Regelung für ESM

Die Chefs vereinbarten auch, dass der neue Krisenfonds ESM in bestimmten Fällen auf seinen Status als „bevorzugter Gläubiger“ verzichtet. Damit würde Krisenländern wie Spanien geholfen. Bei dem Sonderstatus würde der Krisenfonds bei einer Pleite bevorzugt bedient – solche Regelungen schrecken private Investoren ab.

Italiens Regierungschef Mario Monti sagte, sein Land wolle derzeit keine europäischen Milliardenhilfen in Anspruch nehmen. Er habe für eine Vereinbarung gekämpft, wonach Ländern mit guter Haushaltsführung aus den europäischen Krisenfonds EFSF und ESM geholfen werden kann, um die Finanzmärkte zu beruhigen. „Das ist kein Programm, wie es Griechenland, Italien oder Portugal haben.“ Die Staaten müssten keine neuen Auflagen erfüllen, sondern nur bereits gegebene Zusagen erfüllen. Auch die „Troika“ mit Experten der Geldgeber würde nicht in die Länder reisen.

Wachstumspakt und „Projektbonds“

Monti sprach von harten Debatten bei dem mehrstündigen Euro-Gipfel. „Die Eurozone ist gestärkt“, lautete die Bilanz des parteilosen Regierungschefs.

Mit dem Wachstumspakt, der ein Prozent der Wirtschaftsleistung umfasst, sollen beispielsweise EU-Gelder schneller in die Länder geleitet werden. Rund 55 Milliarden Euro kommen aus EU-Töpfen. 60 Milliarden Euro soll die Europäische Investitionsbank (EIB) stemmen. 5 Milliarden Euro werden durch sogenannte „Projektbonds“ aufgebracht. Diese sollen der Privatwirtschaft durch staatliche Garantien Investitionen schmackhaft machen.