Drei Festnahmen in Tunesien

Drei Festnahmen in Tunesien
(AFP/Odd Andersen)

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Nach dem Tod des mutmaßlichen Terroristen Anis Amri haben Ermittler in Tunesien nach eigenen Angaben eine Terrorzelle ausgehoben. Die drei Männer sollen in Verbindungen zu Amri gestanden haben. Einer von ihnen ist dessen Neffe.

Tunesische Sicherheitskräfte haben drei Männer festgenommen, die mit dem mutmaßlichen Attentäter von Berlin in Verbindung stehen sollen. Einer der Verdächtigen sei der Neffe von Anis Amri, teilte das Innenministerium in Tunis am Samstag mit. Die Festgenommenen seien demnach zwischen 18 und 27 Jahre alt.

Sieben Deutsche unter den Opfern

Die Opfer des Terroranschlags von Berlin sind nach Angaben des Bundeskriminalamtes identifiziert. Unter den Toten seien sieben Deutsche sowie Menschen mit tschechischer, ukrainischer, italienischer, israelischer sowie polnischer Staatsangehörigkeit. Angaben zu Geschlecht und Alter machte eine Sprecherin in Wiesbaden mit Verweis auf Persönlichkeitsrechte nicht. Kinder seien aber nicht unter den Getöteten.

Bereits zuvor war bekannt geworden, dass unter den Toten jeweils ein Pole, eine Italienerin, eine Israelin und ein Tscheche ist. Nach „Spiegel“-Informationen handelt sich um sechs Männer und sechs Frauen. Bei dem Attentat wurden zudem 53 Menschen teilweise lebensgefährlich verletzt. (dpa)

Der Neffe habe gestanden, dass er mit Amri auf einem verschlüsselten Weg über eine Nachrichtenapp in Kontakt gestanden habe. Sein Onkel habe gewollt, dass er der Terrormiliz Islamischer Staat die Treue schwöre. Auch habe er ihm Geld geschickt. Das Ministerium bezeichnete die drei Männer als eine Terrorzelle, die Sicherheitskräfte bereits am Freitag nahe der Stadt Kairouan ausgehoben hätten. In dieser Region lebt auch die Familie von Amri. Kairouan gilt als Salafistenhochburg.

Flucht und Fluchthelfer: wenig Neues

Ansonsten ist immer noch eher wenig von Amris Flucht gewusst. Zumindest sein Weg von Frankreich nach Italien ist nun grob bekannt: Der Terrorverdächtige kaufte am Donnerstag in Lyon das Bahnticket für Italien, wie die französische Wochenzeitung „Journal de Dimanche“ mit Verweis auf eine hochrangige Quelle im Pariser Innenministerium berichtete. Über das französische Chambéry fuhr er italienischen Polizeiangaben zufolge nach Turin und von dort mit der Bahn nach Mailand, wo er am frühen Freitagmorgen am Bahnhof Sesto San Giovanni erschossen wurde.

Falsche Papiere besorgen?

Wo Amri unmittelbar nach dem Anschlag war, und wann genau er Deutschland verlassen hat, ist noch nicht bekannt. Ob der 24-jährige Tunesier ein Komplizennetzwerk hatte, ist ebenfalls noch nicht schlüssig geklärt. Was er wollte in Italien: klare Antwort ebenfalls Fehlanzeige. Es ist möglich, dass Anis Amri noch Kontakte von seinem früheren Aufenthalt in Italien hatte. Eine Hypothese ist auch, dass er sich falsche Papiere besorgen wollte. Angeblich gibt es in der Nähe ein Zentrum, gegen das wegen Herstellung falscher Dokumente schon einmal ermittelt wurde.

Dann hätte er möglicherweise Europa verlassen wollen. Marokko könnte ein Ziel gewesen sein. In der Nähe des Bahnhofs Sesto San Giovanni fahren viele Fernbusse ab.

Kein allgemeines Versagen der Sicherheitsbehörden

Nach dem Terroranschlag hat der deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maizière ein allgemeines Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall des mutmaßlichen Attentäters Anis Amri indes bestritten. „Es gibt bisher juristisch keine ausreichende Möglichkeit, jeden dieser Gefährder rund um die Uhr überwachen zu lassen“, sagte der CDU-Politiker der „Bild am Sonntag“. Zu diesem Zeitpunkt schon ein abschließendes Fazit zu ziehen, wäre nicht seriös, betonte de Maizière. „Selbstverständlich werden wir den Fall aber bis ins Detail aufarbeiten und einen entsprechenden Bericht vorlegen.“

Amri war am Freitag bei einer Routinekontrolle bei Mailand von italienischen Polizisten erschossen worden. Weil er als abgelehnter Asylbewerber und Gefährder zuletzt aus dem Visier der deutschen Behörden verschwunden war, kommen aus der Politik zunehmend Rufe nach schärferen Gesetzen.

Seehofer will Obergrenze für Asylbewerber

CSU-Chef Horst Seehofer will nach einem eventuellen Wahlsieg im Herbst kommenden Jahres auf jeden Fall eine Obergrenze für Asylbewerber einführen. Der bayerische Ministerpräsident sagte der „Welt am Sonntag“: „Die Obergrenze kommt, für den Fall dass wir regieren. Das gebe ich hier zu Protokoll.“ Die Begrenzung sei Voraussetzung für Integration und Sicherheit. „Auch deswegen sind wir für eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen im Jahr.“ Generell müsse auch an den Grenzen entschieden werden, wer ins Land komme und wer nicht.

Auch andere CDU- und CSU-Politiker forderten rechtliche Konsequenzen nach dem Anschlag und schärfere Gesetze. Dagegen sprach sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gegen einen Richtungswechsel in der europäischen Flüchtlingspolitik aus. „Europa muss den Menschen, die aus den Kriegsgebieten und vom Terror fliehen, Zuflucht bieten“, sagte Juncker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Link).