Die Reportage nach dem Chemikalien-Vorfall

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Man erträgt in Differdingen vieles mit Humor. Nach dem Vorfall bei ArcelorMittal wirkt die ansonsten gelassene Stahl-Metropole weniger gelassen. Eine Reportage.

„Wir haben lediglich durch Kurzmitteilungen von Freunden oder Bekannten etwas mitbekommen“, erzählt eine Lehrerin der „Woiwer“-Schule. „Ich habe nur durch die Presse von den Vorfällen erfahren“, erinnert sich Alexandrina, eine Anwohnerin. Es bleiben viele Fragen nach dem ArcelorMittal-Vorfall in Differdingen offen. Das Lehrpersonal in der Schule „Woiwer“ zeigt sich besorgt. Es habe keine Kommunikation seitens offizieller Stelle stattgefunden.

Raoul, ein „Chargé de cours“ aus der genannten Schule, meint, dass ein Hubschrauber und die Sirenen von Feuerwehr- sowie Polizeiwagen zu hören waren. Gegen 11 Uhr sei dann die Anweisung gekommen, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Man solle auf die Kinder in der Schule achten. „Es wäre vielleicht nicht schlecht gewesen, wenn man uns etwas früher informiert hätte“, meinte eine andere Lehrerin, die anonym bleiben will.

Unsicherheit zunächst groß

Am Montag war aus einem Container auf dem Gelände von ArcelorMittal Gas ausgetreten. Zwei Arbeiter verloren innerhalb kürzester Zeit ihr Bewusstsein. Mindestens 63 Mitarbeiter wurden präventiv dekontaminiert. Es herrschte zunächst Kommunikationschaos. Die Unsicherheit war bei vielen Bürgern Differdingens groß.

Dennoch zeichnet sich das Bild, dass die Bewohner mit der Arbeit von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten zufrieden waren. Ein großes Manko ist aber die verspätete Kommunikation bzw. das komplette Ausbleiben von Informationen gegenüber der Bevölkerung. Dies verunsicherte viele.

Viel spekuliert

Silvestre, Betreiber eines kleinen Cafés, meint, dass viele Leute husteten sowie Schmerzen in den Augen und im Rachen verspürten. „Einige Menschen litten unter Atembeschwerden“, behauptet Silvestre.

Einige Bürger haben aber auch ihre ganz eigenen Theorien zum Vorfall am vergangenen Montag. Robert beispielsweise sieht in dem Zwischenfall einen Zusammenhang bzw. eine Verschwörung der Bankenindustrie aus den 1920er Jahren. Seiner Aussage zufolge „leiden wir noch heute unter der Finanzindustrie der 1920er Jahre“. Was das auch immer bedeuten mag.

Bürger informieren

Henri Krecké, Kommunalsekretär der Gemeinde Differdingen, erzählt, das Thema habe am Mittwoch in der Gemeinderatssitzung Priorität. „Morgen wird die Gemeinderatssitzung mit dem Thema eröffnet. Es wird dann auch eine Kommunikation an den Bürger geben. Die Überreaktion war wichtig. Solange man die Situation nicht richtig einschätzen kann, muss man immer vom schlimmsten Fall ausgehen.“