Die Quadratur des Kreises

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Stühlerücken in Roms Parlament: Die neuen Abgeordneten und Senatoren treten zusammen. Die Populisten sind jetzt stark vertreten. Man ist uneinig, wer die Kammern führen soll, eine Regierung ist noch fern.

Beppe Grillo gibt den Ton an, Silvio Berlusconi ist im Abseits. Und der Linke Pier Luigi Bersani hat keinen Partner für eine Regierungsbildung in Aussicht. Auch Wochen nach den Parlamentswahlen des EU-Sorgenkindes Italien ist noch längst nicht absehbar, wer wann das Ruder übernehmen und das Land aus der Krise führen könnte. Nervös blicken die Finanzmärkte und europäische Spitzenpolitiker gen Süden. Am Tiber jedoch endet die Suche nach einer Lösung bisher im Streit.

Auf das Patt-Ergebnis der Februar-Wahlen folgte nun zunächst einmal ein chaotischer Start in die neue Legislaturperiode. Für Trubel bei dem Stühlerücken im Abgeordnetenhaus und im Senat sorgten vor allem die Senkrechtstarter von der populistischen Protestbewegung Beppe Grillos. Gestritten wurde darüber, wer die Kammerpräsidenten stellt. Ungeduldig wartete Staatschef Giorgio Napolitano im Quirinale-Palast auf Ergebnisse, um dann nach einem Regierungschef suchen zu können.

Grillo ist gegen den Euro

Die neue gewichtige Größe in der politischen Landschaft Italiens, die Protestbewegung des Komikers Grillo, mischte die Debatte vor der Konstituierung des Parlaments mit schrillen Tönen gegen den Euro auf. Und Grillo gab dem linken Bündnis Bersanis, das einen Bündnispartner für eine Regierungsbildung braucht, auch gleich mehrfach einen Korb.

„Die Sirenen der Demokratischen Partei (Bersanis PD) werden bei uns kein Gehör finden“, zitiert der Mailänder „Corriere della Sera“ Grillo am Freitag: „Wir sind im Krieg. Und wenn wir sterben werden, dann nur auf dem Schlachtfeld der nächsten Wahlen.“ Beppe Grillos Sterne-Bewegung, drittstärkste Kraft im Abgeordnetenhaus, könnte nach Umfragen darauf setzen, bei Neuwahlen noch zuzulegen. Neuwahlen als Weg aus der Sackgasse? Das will der Staatspräsident aber vermeiden – der unsichere Kandidat Italien käme dann über Monate nicht zur Ruhe.

Weitere Verurteilungen drohen

Angeschlagen wirken unterdessen der dreifache frühere Premier Silvio Berlusconi und sein rechtes Bündnis um die Partei „Volk der Freiheit“ (PdL). Eine Woche lang fiel der 76 Jahre alte Cavaliere mit Augenproblemen aus. In gleich zwei seiner schon zahlreichen Prozesse drohen ihm in den nächsten Wochen Verurteilungen. So im spektakulären „Ruby“-Verfahren um Sex mit minderjährigen Prostituierten in seiner Villa Arcore bei Mailand und Amtsmissbrauch als Ministerpräsident.

Politisch hat sich Berlusconi eine massive Abfuhr geholt. Sein Werben bei Bersani für eine große Koalition nach deutschem Vorbild „zur Rettung des Landes“ wies dieser schroff zurück. Nur der bei den Februar-Wahlen sehr schmerzhaft abgestrafte Regierungschef Mario Monti, parteiloser Wirtschaftsmann, könnte sich für diesen Ausweg aus dem Patt erwärmen. Doch Berlusconi ist wenig gefragt, obwohl sein Bündnis in den Kammern zweitstärkste Kraft ist.

Unterdessen drängt die Zeit. Napolitano kann die Spitzenmänner Bersani, Berlusconi und Grillo erst für Konsultationen zu sich rufen, wenn das Parlament konstituiert ist. Danach dürfte er an Bersani den Auftrag erteilen, eine Regierungsbildung zu versuchen. Möglich erscheint dann auch eine Expertenregierung, wie sie der parteilose Monti geführt hat – um etwa ein wichtiges Wahlgesetz sowie zentrale Reformen vor einem neuen Urnengang umzusetzen. Die Zeit drängt auch, weil das vereinigte Parlament Mitte April einen Nachfolger für den scheidenden Staatschef wählen muss. Napolitanos Mandat läuft am 15. Mai aus. Und er würde gern noch ein letztes Mal seinem Land den Weg ebnen. So wie er es getan hat, als er den Reformer Monti einsetzte.