/ Die Parteien und ihre Köpfe
Die Parlamentswahl an diesem Sonntag soll der krisengeschüttelten Ukraine eine stabile Regierung bringen. Wegen der Gefechte im Osten werden aber vorerst nur 424 der 450 Sitze in der Obersten Rada in Kiew vergeben, es gilt die Fünf-Prozent-Hürde. Um 225 Sitze bewerben sich 29 Parteien mit mehr als 3000 Kandidaten, die restlichen 199 Mandate werden per Direktwahl bestimmt. Stimmberechtigt sind gut 36 Millionen Bürger. Ein Überblick über die aussichtsreichsten Parteien.
Petro-Poroschenko-Block: „Zeit für Einigkeit“ ist der Slogan der neu gebildeten Partei von Präsident und Namensgeber Petro Poroschenko. Sie liegt in Umfragen weit vorne. Spitzenkandidat ist der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko, der einen Wechsel vom Rathaus ins Parlament bisher kategorisch ausschließt. Vizeregierungschef Wladimir Groisman auf Listenplatz Vier gilt als Vertrauter von Poroschenko und wird als dessen Favorit für das Ministerpräsidentenamt gehandelt.
Narodny Front: Ganz auf Regierungschef Arseni Jazenjuk zugeschnitten ist der Wahlkampf der neugegründeten Volksfront. Auf ihrer Liste stehen viele Kabinettsmitglieder, etwa Innenminister Arsen Awakow. Auch Parlamentspräsident Alexander Turtschinow und der frühere Sicherheitsratschef Andrej Parubij sowie Journalisten und Frontkämpfer stehen Jazenjuk zur Seite. Viele Spitzenkandidaten arbeiteten früher in der Vaterlandspartei von Julia Timoschenko.
Vaterlandspartei: Die Partei von Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko hat sich nach dem Weggang „altgedienter Kader“ verjüngt. Listenplatz Eins trat Timoschenko demonstrativ an die Militärpilotin Nadeschda Sawtschenko ab, die in Russland wegen Mordverdachts im Gefängnis sitzt. Kiew wirft Moskau politische Motive in dem Fall vor.
Radikale Partei: Frontmann ist der Abgeordnete Oleg Ljaschko. Sein Markenzeichen ist eine Heugabel, mit der er Kiew „ausmisten“ will.
Swoboda: Den Rechtsradikalen um Parteiführer Oleg Tjagnibok werden in Umfragen nur geringe Chancen für einen Wiedereinzug gegeben.
Oppositionsblock/Silnaja Ukraina: Vertreter der bis zum Machtwechsel im Februar regierenden Partei der Regionen treten getrennt an. Ex-Vizeministerpräsident Juri Boiko muss mit dem Oppositionsblock um den Einzug bangen. Sicher im Parlament dürfte dagegen der ehemalige Sozialminister und Vizeregierungschef Sergej Tigipko mit seiner wiederbelebten Kraft Silnaja Ukraine (Starke Ukraine) sein.
Spagat zwischen Ost und West
Die frühere Sowjetrepublik Ukraine mit ihren 43 Millionen Einwohnern versucht seit ihrer Unabhängigkeit 1991 den Spagat zwischen Moskau und dem Westen. Der nach Russland größte Flächenstaat Europas gilt als wichtigstes Transitland für Gaslieferungen in die Europäische Union.
Politisch ist die Ukraine gespalten – in den mehrheitlich russischsprachigen Osten und Süden sowie den überwiegend ukrainischsprachigen Westen. Nach einem Referendum schloss sich die Schwarzmeerhalbinsel Krim Russland an.
Wirtschaftlich ist der Osten des finanziell angeschlagenen Landes von Schwerindustrie und Bergbau geprägt, der westliche Teil lebt vor allem von der Landwirtschaft. Unternehmer beklagen eine weit verbreitete Korruption und ausufernde Bürokratie.
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