Mittwoch12. November 2025

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Die „Nürburgring-Affäre“

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NÜRBURG - Dubiose Finanzgeschäfte, ungedeckte Schecks, ein Ministerrücktritt und langwierige Ermittlungen: Die traditionsreiche Rennstrecke erlebt zurzeit ihre schwärzeste Stunde.

Mit dem neuen Freizeit- und Geschäftszentrum am Ring wollte die SPD-Landesregierung die strukturschwache Region stärken und auch außerhalb der Motorsportsaison für Einnahmen sorgen. Das letztlich rund 330 Millionen Euro teure Großvorhaben war jedoch wegen seiner Ausmaße und Kosten von Anfang an umstritten.

Benannt wurde „der Ring“ nach der Burgruine Nürburg , die im Innern der heute 20,8 Kilometer langen Nordschleife liegt. Die Rennstrecke wurde 1927 feierlich eröffnet.
Sofort fanden große Rennen auf der Strecke statt: Der Große Preis der Motorräder, der vom Automobilclub von Deutschland (AvD) veranstaltete Große Preis von Deutschland für Rennwagen und die Radweltmeisterschaft.
Der alte „Ring“ mit seiner ursprünglich 22,8 km langen Nordschleifen-Variante galt lange als einer der schwierigsten Grand-Prix-Kurse der Welt und wurde deswegen auch als „Grüne Hölle“ bezeichnet.
Die enge, von Hecken umsäumte Strecke geriet Ende der 1960er-Jahre immer mehr in die Kritik. Die Folge war 1970 der Umzug des Formel 1-Rennens an den Hockenheimring. Aber schon 1971 wurde, nach einem Umbau, wieder ein Formel 1-Rennen auf dem „Ring“ ausgetragen. Nach dem schweren Unfall von Niki Lauda(1976) wurde der Formel 1-Zirkus auf dem Ring eingestellt
Nach Streckenneugestaltungen und Modernisierungsarbeiten finden seit 1995 wieder Rennen der Königsklasse in der Eifel statt. 1997 und 1998 hieß das Rennen „Großer Preis von Luxemburg“.
Heute ist der „Ring“ ein beliebter Austragungsort für Motorrad-, Truck- und DTM-Rennen. Auf der historischen Nordschleife drehen Freizeitfahrer ihre Runden. Genutzt wird die Strecke auch für Fahrerlehrgänge.
Zu den international bekannten Veranstaltungen gehört das Rockfestival „Rock am Ring“. Aber auch Radfahrer („Rad am Ring“ ) und Langstreckenläufer („Run an Ring“) kommen auf ihre Kosten. Zu den Attraktionen des Nürburgrings gehört ebenfalls der Freizeitpark „Erlebniswelt Nürburgring“

Der Finanzbedarf des Nürburgrings aus Landesmitteln beläuft sich nach Angaben des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums bis 2015 auf rund 33 Millionen Euro. Neben fälliger Zinszahlungen beinhalte der Betrag Tilgungen für das 330 Millionen Euro schwere Darlehen der Investitions- und Strukturbank (ISB) für 2014 und 2015 in Höhe von 13,2 Millionen Euro, teilte das Ministerium in Mainz mit. Zuerst hatte die Zeitung „Die Rheinpfalz“ (Dienstag) davon berichtet. Das Wirtschaftsministerium betonte in einer Erklärung, die Zwischenfinanzierung solle ab 2016 innerhalb weniger Jahre wieder an das Land zurückgezahlt werden.
Nach dem Zeitungsbericht ist noch offen, ob das Geld entweder als Gesellschafterdarlehen vom Land oder über einen Kredit gewährt wird. Das Ministerium wies darauf hin, dass die tatsächliche Belastung jedenfalls deutlich geringer ausfallen dürfte. Der Betrag wurde „aus heutiger Sicht auf unter zehn Millionen Euro“ geschätzt. Ein Sprecher erklärte dies mit Überschüssen aus der Refinanzierung, die von der ISB an das Land abgeführt werden. Auch die Verträge, mit denen im Dezember 2010 die Neuordnung am Ring abgeschlossen wurde, ließen Verbesserungen erwarten. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft soll daher den Businessplan aktualisieren. Das Ergebnis steht noch aus.

Als der geplante Deal mit privaten Geldgebern platzte und der Eindruck entstand, die Regierung könnte auf Betrüger hereingefallen sein, trat Finanzminister Ingolf Deubel(SPD) im Juli 2009 zurück.

Kein Geld

Später stellte sich im Zuge staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen heraus, dass der angeblich milliardenschwere US-Investor nie mehr als 500 Dollar auf dem Konto hatte. Nürburgring-Geschäftsführer Walter Kafitz, der federführend beim Ausbau war, musste im Dezember 2009 nach 15 Jahren an der Rennstrecke seinen Hut nehmen. Die Kündigung begründete der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH mit Missmanagement.

Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in der Affäre geht es nun unter anderem um Untreue- und Betrugsvorwürfe gegen Deubel und Kafitz sowie mehrere Manager. Auch gegen den heutigen Ringbetreiber und früheren Investor, Kai Richter, wird in diesem Zusammenhang ermittelt. Mehr als ein Jahr nachdem das Projekt „Nürburgring 2009“ eingeweiht wurde, streiten sich Landesregierung und Opposition auch noch in einem Untersuchungsausschuss in Mainz darüber.

Erster Prozess

In der Nürburgring-Affäre hat am Dienstag vor dem Landgericht Koblenz ein erster Prozess begonnen. Der Ex- Geschäftsführer der Nürburgring GmbH, Walter Kafitz, klagt gegen seine fristlose Kündigung Ende 2009. Er verlangt rund 30 000 Euro Gehalt und will sogar erstreiten, dass sein Vertrag fortbesteht. Die Gegenseite wirft ihm unter anderem schwere Kompetenzüberschreitungen vor.

In einem weiteren Rechtsstreit fordert das Land Rheinland-Pfalz von Kafitz 8,3 Millionen Euro Schadensersatz. Nach dem Skandal um die geplatzte Privatfinanzierung des 330 Millionen Euro teuren Ringausbaus laufen noch immer die Ermittlungen.

Viele Besucher aus Luxemburg

Alain Kleeblatt, Mitglied der Motor-Union Luxembourg (MUL) erklärte gegenüber Tageblatt.lu, dass viele Automobil- und Motorradliebhaber aus ganz Europa – also auch aus dem Großherzogtum – sich auf dem Nürburgring einfinden, um auf der Nordschleife ihr Fahrzeug zu testen. Es fänden auch regelmäßig Rennen auf dem Ring statt. Ab 2011 wird der Meister der MUL im Rahmen der Langstreckenmeisterschaft (vier b9is fünf Rennen) ermittelt, kündigte Kleeblatt an.

Die Strecke sei auch eine sehr beliebte Testpiste für Reifenhersteller und Automarken, so Kleeblatt. Die Tatsache, dass neben der Rennstrecke eine Erlebniswelt aufgebaut wurde erhöhe die Attraktivität des Rings, der eine wichtige wirtschaftliche Rolle in der Region spiele.Die „Nürburgring-Affäre“ sei eine negative Werbung für den Standort.