Die Frau, die Picasso den Laufpass gab

Die Frau, die Picasso den Laufpass gab
(Wolfgang Thieme)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Françoise Gilot war eine der zahlreichen Frauen von Pablo Picasso. Doch als Einzige hat sie den Meister verlassen. Jetzt wird die Künstlerin, die als "die Frau, die Nein sagt" gefeiert wird, 95 Jahre alt.

Jacqueline erschoss sich, Olga und Dora verfielen in starke Depressionen und Marie-Thérèse erhängte sich. Frauen, die mit Pablo Picasso verheiratet oder liiert waren.

Auch Françoise Gilot reiht sich in die Liste der offiziellen Musen des Meisters ein. Nur: Sie war die Einzige, die dem spanischen Maler den Laufpass gab. Am nächsten Samstag (26. November) wird die Malerin und Autorin 95 Jahre alt.

Die Frau , die Nein sagt

Ihr Blick ist offen und direkt, ihr Lächeln selbstsicher und herausfordernd. Fotos, die Gilot im hohen Alter auf Vernissagen ihrer Ausstellungen zeigen. Fotos einer Frau, die es gewagt hat, Picasso Paroli zu bieten.

Der Laufpass war ein Affront für den Künstler, der zu ihr sagte: Niemand verlässt einen Mann wie mich. Außer Gilot. Im Jahr 1953 packte sie ihre Koffer und nahm dabei die beiden 1947 und 1949 geborenen gemeinsamen Kinder Claude und Paloma mit. „Die Frau, die Nein sagt“, soll sie Picasso genannt haben. Unter diesem Titel hat ihr im Jahr 2015 auch die deutsche Journalistin Malte Herwig ein Buch gewidmet.

Buch begleitet von juristischem Kleinkrieg

Gilot, die heute in New York und Paris lebt, wurde in dem Pariser Nobelvorort Neuilly-sur-Seine geboren. Ihre Mutter war Aquarellmalerin, ihr Vater ein erfolgreicher und autoritärer Geschäftsmann. Als sie 1943 den 40 Jahre älteren Picasso kennenlernte, hatte die 21-Jährige schon erste Erfolge als Malerin.

Für Gilot, die 1948 mit ihm ins südfranzösische Vallauris zog, gab Picasso auch seine Beziehung zu Dora Maar auf. Nach der Trennung kehrte Gilot nach Paris zurück. Dort schrieb sie die im Jahr 1964 veröffentlichte Autobiografie „Leben mit Picasso“. Das Buch wurde zu einem Bestseller, begleitet von einem juristischen Kleinkrieg.

Picasso galt als Macho und Machtmensch

Picasso versuchte vergeblich, das Erscheinen zu verhindern. Gilot gibt in dem Buch nicht nur Einblick in das künstlerische Schaffen des Meisters. Sie beschreibt auch seinen Umgang mit Frauen.
Picasso galt als Macho und Machtmensch.

In dem 2002 erschienen Buch „Und trotzdem ein Picasso. Leben im Schatten meines Großvaters“ beschreibt auch Marina Picasso den Maler als selbstsüchtiges Monster. Er habe seine Familie und vor allem die Frauen gedemütigt und ausgenutzt, wie die Enkelin der Balletttänzerin Olga Chochlowa, der ersten Frau des Jahrhundertmalers, darin schreibt.

Gilot bereut nichts

Nicht so Gilot. Sie sei gegangen, weil er immer kälter und tyrannischer wurde, wie sie der britischen Tageszeitung „The Guardian“ sagte. Auch die vielen anderen Frauen seien ihr etwas auf die Nerven gegangen. Als eifersüchtig und besitzergreifend bezeichnet sie sich jedoch nicht. Sie habe ja gewusst, dass Picasso immer eine Anzahl von Frauen in seinem Leben hatte, erklärte sie auch der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die Liebe sei dadurch erkaltet.

Nach dem vergeblichen Versuch, die Veröffentlichung des Buches zu verhindern, fand Gilot keine Galerie mehr, die sie ausstellen wollte, wie sie erzählte. Auch zu seinen beiden Kindern habe er den Kontakt abgebrochen. Gilot zog daraufhin nach Amerika. Dort heiratete sie 1970 Jonas Salk, den Entdecker des Polio-Impfstoffs gegen Kinderlähmung, und stellte ihre Werke nun weiter aus.
Wenn Gilot auf ihr Leben zurückblickt, bedauert sie nichts. Reue sei pure Zeitverschwendung, wie sie einst sagte.