„Die Franzosen geben zu viel Geld aus“

„Die Franzosen geben zu viel Geld aus“
(AP/Markus Schreiber)

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Keine Vorschusslorbeeren für Emmanuel Macron aus Brüssel. "Frankreich gibt zuviel Geld an falscher Stelle aus", sagt EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Er fordert vom künftigen französischen Präsidenten einen Kurswechsel.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker fordert von Frankreichs designiertem Präsidenten Emmanuel Macron einen Kurswechsel in der Haushaltspolitik. „Die Franzosen geben zuviel Geld aus und geben Geld an der falschen Stelle aus“, sagte Juncker am Montag in Berlin.

Frankreich verwende zwischen 53 und 57 Prozent der Wirtschaftsleistung dafür, die öffentlichen Haushalte zu bedienen. „Bei einem relativ hohen Schuldenstand kann das auf Dauer nicht gutgehen.“ Es gehe aber nicht, die französische Lebensart einfach einzureißen. Man müsse wissen, was gehe und was nicht.

Gespaltene Nation

Das Haushaltsdefizit Frankreichs bewegt sich um die in der EU vereinbarte Schwelle von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Am Donnerstag will die Brüsseler Behörde ihre neuen Prognosen für das Land und den Rest der EU vorlegen.

Eine große Last ruht auf Macrons jungen Schultern. Der 39-Jährige soll nicht nur dazu beitragen, die EU aus dem Brexit-Schock zu führen. Er will auch die wirtschaftliche Lähmung seines Landes überwinden und die tief gespaltene Nation einen. Eine Herkulesaufgabe für einen Mann, der zum ersten Mal in ein politisches Amt gewählt wurde – und dann gleich in das des französischen Staatschefs, dessen Machtfülle in der EU beispiellos ist.

Zahlreiche Herausforderungen

Macron selbst wirkte am Montag vor allem ermattet. Bei seinem ersten offiziellen Auftritt zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs schloss er am Triumphbogen neben dem scheidenden Staatschef François Hollande kurz die Augen und bekam sie nur mit Mühe wieder auf. Das wundert nach seinem Marathon-Wahlkampf mit Hunderten Auftritten im ganzen Land nicht.

Die größten Herausforderungen aber liegen noch vor ihm: Macrons wichtigste Aufgabe wird es sein, das stark gespaltene Land zu einen und zugleich überfällige Reformen anzuschieben. Viele Wähler aus dem linken Lager sehen in dem früheren Investmentbanker einen Freund des Großkapitals, der den Sozialstaat abschaffen will. Viele Konservative fordern hingegen härtere Reformen und null Toleranz für Islamisten. Ganz zu schweigen von den Anhängern Le Pens, die seinen EU-freundlichen Kurs ablehnen.

Heißer Herbst

Sollte Macron zügig seinen Plan einer Arbeitsrechtsreform angehen, steht ihm ein heißer Herbst mit möglichen Massenprotesten bevor. Als Präsident wird Macron mindestens genauso viel Entschlossenheit an den Tag legen müssen wie bei seiner Blitzkarriere: Nach einem Posten bei der Investmentbank Rothschild wurde er 2012 Wirtschaftsberater von Staatschef Hollande und nur zwei Jahre später Wirtschaftsminister.

Der Absolvent von Elite-Hochschulen trat im vergangenen Sommer zurück, um sich ganz seiner Bewegung „En Marche!“ (In Bewegung!) und seinen Präsidentschaftsambitionen zu widmen. Auch das mit Erfolg: Nur ein Jahr nach ihrer Gründung zählt die Gruppierung, die weder links noch rechts sein will, bereits mehr als 200.000 Mitglieder.

Macron hat kaum Zeit, seinen Triumph auszukosten. In den kommenden Tagen wird er seine Regierungsmannschaft zusammenstellen, am Sonntag zieht er in den Elysée-Palast ein. Kurz darauf ist bereits der Antrittsbesuch bei Merkel geplant, die ihm ihre Erwartungen noch einmal persönlich deutlich machen dürfte.