Der Weg führt über Luxemburg

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In Frankreich tobt die Auseinandersetzung darüber, wie die zukünftige Struktur des privatwirtschaftlichen Telekom-Sektors aussehen wird. Die Regierung, die sich mit gleich zwei Ministern einmischt, hat Luxemburg im Blickfeld.

Der Telekomsektor in Frankreich ist privatwirtschaftlich organisiert. Orange, Free, SFR und Bouygues heißen die vier Unternehmen, die um den Markt kämpfen. Eine Struktur-Entscheidung des Vivendi Konzerns mischt nun den Markt auf, wird ihn dauerhaft verändern und macht auch die Regierung nervös, die mit ihrem Industrieminister Arnaud Montebourg und mit der Ministerin für die Internet Industrie versucht, auf die privatwirtschaftliche Entscheidung Einfluss zu nehmem.

Ausgangspunkt ist der Vivendi Konzern, der sich von seiner Mobilfunk Tochter SFR trennen will. Nach wochenlangem Zögern, ob SFR an die Börse gebracht werden oder privat verkauft werden sollte, entschied sich Vivendi für den Privatverkauf. Zwischen den beiden Bewerbern, Bouygues und Numericable, fiel die Wahl des Verwaltungsrates auf Numericable. Exclusive Verkaufsgespräche führt Vivendi nur noch mit dem Kabel-Operateur, der 99 Prozent des französischen Kabelnetzes besitzt. Diese Entscheidung ist bei Vivendi nicht umstritten, regt die französische Regierung, die sich als nationale Interessenvertreter sieht, zu Widerspruch und wird den Markt in Frankreich auf Dauer verändern.

Bouygues als Favorit

Die französische Regierung mit Industrieminister Arnaud Montebourg hatte sich auf den Mobilfunkbetreiber Bouygues festgelegt. Martin Bouygues, der das ursprüngliche Bau-Unternehmen in den Dienstleistungsbereich mit Mobilfunk diversifiziert hatte, werden beste Beziehungen zur französischen Regierung nachgesagt. Bouygues galt daher als Favorit.

Die Entscheidung Vivendis zugunsten des Kabelunternehmens ist eine industriepolitische. Numericable bildet mit der Übernahme von SFR in Frankreich nun das erste, umfassende Kommunikationsunternehmen der modernen Kommunikation. Das hatte einst Jean Marie Messier mit Vivendi auch versucht, war aber gescheitert.

Numericable vereint nun das Kabelnetz, das Telefon-Festnetz, das Internet mit Internet Fernsehen und Internet Radio und das Mobilfunknetz. Die französische Regierung, die sich für Bouygues stark gemacht hatte, kann diese industriepolitische Sichtweise nicht vorweisen. Sie macht sich lediglich für einen starken Mobilfunk-Konzern Bouygues-SFR stark.

„Es gibt ein Steuerproblem“

Industrieminister Montebourg hat am Wochenende einen Machtkampf losgetreten, wie er typisch ist für ihn ist. „Es gibt ein Steuerproblem. Numericable gehört einer Holding in Luxemburg, ist an der Börse in Amsterdam notiert und der Besitzer Patrick Drahi hält seine persönliche Beteiligung in Guernsey. Er selbst wohnt letztlich in der Schweiz“, schoss Montebourg eine Breitseite gegen Numericable ab.

Die Ministerin für die Internetwirtschaft, Fleure Pellerin, forderte schließlich von Numericable-Besitzer Patrick Drahi, seine gesamten Besitztümer nach Frankreich zu transferieren. Minister Montebourg forderte „patriotisches handeln von Drahi. Beide Minister könnten mit ihren Forderungen durchaus eine Missstimmung zwischen Frankreich und Luxemburg schaffen. Schließlich verlangen sie nicht mehr und nicht weniger, als dass die Altice Holding von Luxemburg nach Frankreich transferiert werden und Luxemburg wirtschaftlichen Schaden davontragen soll.

In Frankreich investieren

Patrick Drahi hat am Montag gegenüber Journalisten erklärt, dass er bei einer Verwirklichung der Übernahme eine Milliarde Euro in Frankreich investieren werde. Die neue Gesellschaft Numericable/SFR soll an der Börse in Paris notiert werden. Der 50-Jährige, der seit 1999 in der Schweiz wohnt, wird seinen Wohnsitz nicht verändern, sagte er am Montag vor Journalisten.

In Frankreich selbst geht die Entwicklung der Telekom-Industrie längst weiter. Free und Bouygues, so die Spekulation, könnten zu einer Kooperation bereit sein oder sogar zu einer Fusion. Bouygues verfügt über das umfassende Antennen-Netz, das Free fehlt. Beide Unternehmen zusammen aber verfügen über die Größe, um Nummer eins im Bereich des reinen Mobilfunks zu sein.

Vier Wochen haben Numericable und Vivendi sich als Zeit gesetzt, um ihren Deal abzuschließen. Dass die französische Regierung noch nicht aufgegeben hat, zeigt die Staatsbank Caisse des Dépots. Sie sei bereit, die elf Milliarden einer Fusion zwischen Bouygues und SFR zu finanzieren, ließ sie verlauten. Und angesichts der Drohungen des Industrieministers geht in Frankreich jeder davon aus, dass Numericable sich demnächst einer Steuerprüfung unterziehen muss.

(Helmut Wyrwich / Tageblatt.lu)