Der vergessene Arbeitnehmer

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Bei der Insolvenz eines Unternehmens haben die Arbeitnehmer die schwächste Position. Oft werden sie erst sehr spät über den Konkurs aufgeklärt und müssen mit großen finanziellen Schwierigkeiten rechnen. Deshalb fordert der OGBL einen besseren Schutz für sie.

Laut dem OGBL-Gewerkschafter Jean-Luc De Matteis werden die Arbeitnehmer beim Thema Insolvenz vergessen. Im neuen Konkursgesetz und im aktuellen Arbeitsrecht sei der vorgesehene Schutz für die Arbeitnehmer ungenügend. Die Gefahr des Abrutschens in die Armut werde unterschätzt.

Zwar würde der Staat beim Konkurs eines Unternehmens jedem Arbeitnehmer eine Kompensierung in Höhe von maximal rund 11.500 Euro für nicht ausbezahlte Gehälter garantieren, allerdings sei dies oft ungenügend. Vielen Arbeitnehmern stünden noch Gehälter im doppelten Wert zu. Der OGBL fordert daher eine Erhöhung dieser Garantie auf das Zwölffache des Mindestlohnes, also rund 23.000 Euro.

„Professionalisierung“

Die im neuen Insolvenzgesetz vorgesehene Reform der Wiedereingliederungshilfe wird ebenfalls vom OGBL heftig kritisiert. Sollte ein Arbeitnehmer nach dem Konkurs seines Arbeitgebers eine Stelle finden, die geringer vergütet ist als die vorherige, hat er ein Recht auf die Wiedereingliederungshilfe. Während der ersten 48 Monate der Wiedereingliederung wird ein Lohn in Höhe von 90 Prozent der vorherigen Vergütung garantiert. Diese Hilfe soll zukünftig nur noch für Arbeitnehmer gelten, die mindestens zwei Jahre im insolventen Unternehmen gearbeitet haben. Laut dem OGBL ist dies eine nicht hinnehmbare Diskriminierung von jungen Arbeitnehmern.

Die Regelung des Abgangsgeldes wird vom OGBL ebenfalls infrage gestellt. Diese finanzielle Hilfe erhalten nämlich nur Arbeitnehmer, die vor dem Konkurs des Unternehmens im Rahmen eines „licenciement pour motif économique“ entlassen wurden. Arbeitnehmer, die bis zum Konkurs beim Arbeitgeber bleiben, gehen in diesem Punkt leer aus. Der OGBL wünscht sich daher, dass das Abgangsgeld auch für Letztere ausgezahlt wird. Die Rolle des Insolvenzverwalters ist ein weiterer Kritikpunkt des OGBL. Aktuell gebe es keine klare und einheitliche Reglementierung, die das Vorgehen des „curateur“ definiert. „Wir müssen uns jedes Mal auf die unterschiedlichen Vorgehensweisen der verschiedenen Insolvenzverwalter einstellen. Das kostet viel Zeit und verlängert den administrativen Prozess. Die Arbeitnehmer sind hier die Verlierer, weil sie somit länger auf die Auszahlung der fehlenden Gehälter warten müssen“, erklärt Jean-Luc De Matteis.

Klare Definition

Der OGBL verlangt daher, dass die Aufgaben und die Vorgehensweise des Insolvenzverwalters klar definiert werden. Der Berufsstand des Insolvenzverwalters sollte laut dem OGBL „professionalisiert“ werden. So wird angeregt, dass die „curateurs“ sich zukünftig in den verschiedenen Branchen der Arbeitswelt spezialisieren sollen.

Carlos Pereira bringt die Notwendigkeit einer Anpassung der aktuellen Regelungen beim Konkurs eines Unternehmens letztlich auf den Punkt: „Der Konkurs des Arbeitgebers kann oft zu einem Konkurs des Arbeitnehmers führen.“