Der tiefe Fall von Sarah Palin

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Sarah Palin ist als Kommentatorin bei Fox News nicht mehr erwünscht. Der Niedergang des einstigen Politstars zeigt: Amerikas Rechte steckt in einer tiefen Krise.

Die Meldung sickerte letzte Woche an die Öffentlichkeit: Der konservative Fernsehsender Fox News wird den Vertrag mit Sarah Palin als Kommentatorin nicht verlängern. Vor zwei Jahren hätte ein solcher Entscheid für dicke Schlagzeilen und Proteste aus dem rechten Politspektrum gesorgt. Nun war die Reaktion „ein kollektives Schulterzucken“, wie der CNN-Moderator und Daily-Beast-Politikchef Howard Kurtz feststellte. Sarah Palin hat ihre letzte prominente Medienplattform verloren – und kaum jemand weint ihr eine Träne nach.

Auf einen rasanten Aufstieg folgt häufig ein tiefer Fall: Als der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain die damalige Gouverneurin des fernen Bundesstaats Alaska 2008 zu seiner Kandidatin für das Vizepräsidium ernannte, war sie kaum bekannt. Das änderte sich schnell: Die „Hockey Mom“ begeisterte mit ihrem Sexappeal und ihren stramm rechten Ansichten die republikanische Basis. Ihre Unbedarftheit, die in Interviews gnadenlos zu Tage trat, fiel nicht ins Gewicht.

Eine Million Dollar pro Jahr

Die Niederlage gegen Barack Obama war für Palin kein Karriereknick, im Gegenteil. Sie wurde zum Aushängeschild der staatskritischen Tea-Party-Bewegung, veröffentlichte einen Bestseller, in dem sie eine ultrakonservative Vision für Amerika entwickelte, drehte für einen Spartensender eine Reality-Show über ihre Heimat Alaska und erhielt einen Vertrag als Kommentatorin bei Fox News, der mit einer Million Dollar pro Jahr dotiert war. Roger Ailes, der Chef des Senders, ließ in ihrem Haus in Wasilla ein modernes Studio für sie bauen.

Mit dem republikanischen Triumph bei den Kongresswahlen 2010 schien für Sarah Palin alles möglich. Doch er war auch der Anfang ihres Abstiegs. Nach dem Attentat auf die demokratische Abgeordnete Gabby Giffords im Januar 2011 wurde sie als geistige Urheberin abgestempelt. Zu Unrecht, der Täter war geistesgestört. Ihr Stern aber sank unaufhörlich, ebenso jener der Tea Party. Auf eine Präsidentschaftskandidatur 2012 verzichtete sie. Fox-Chef Ailes reagierte und bot ihr einen neuen Vertrag zu einem Bruchteil des bisherigen Salärs an. Sarah Palin verstand den Fingerzeig, es kam zur „einvernehmlichen“ Trennung.

15.85 Dollar pro Wort

Das Aus für die 48-Jährige ist auch ein Symptom für die tiefe Krise, in die Amerikas Rechte nach der Wiederwahl von Präsident Obama gestürzt ist. Vor drei Jahren hatte sich in Umfragen rund ein Viertel der Amerikaner mit der Tea Party identifiziert. Heute sind es weniger als zehn Prozent. Der einst so schlagkräftigen Basisbewegung ist der Schnauf ausgegangen, sie kämpft ums Überleben und sucht laut der Website Politico sogar Hilfe beim verhassten Establishment. Immer mehr führende Republikaner fordern eine Abkehr vom Image der „Idioten-Partei“.

Für eine Sarah Palin, die sich für ihren beschränkten Horizont nie geniert hat, gibt es da keinen Platz mehr. Ihre Kommentare auf Fox News beschränkten sich auf Banalitäten und Giftpfeile gegen Barack Obama sowie die „Mainstream-Medien“. Klare Standpunkte konnte oder wollte sie nicht formulieren. Ihre Auftritte wurden mit der Zeit immer spärlicher. Der Politblog Smart Politics der Universität Minnesota hat ausgerechnet, wie viel ihr dreijähriges Engagement bei Fox News den Murdoch-Sender gekostet hat: 15.85 Dollar pro Wort.

Unerwünschte Person

Während des republikanischen Parteikonvents im August 2012 in Tampa war sie auf der Bühne unerwünscht, und auch Fox News sagte ihre Auftritte ab, worüber sie sich auf ihrer Facebook-Seite bitter beklagte. Ganz von der Bildfläche verschwinden wird sie kaum, sie hat immer noch mehr als drei Millionen Facebook-Freunde. „Unser Kampf zur Verteidigung der Republik hat erst begonnen“, kündigte Palin in einem Interview mit der Rechtsaussen-Website Breitbart an. Durchhalteparolen oder Beginn eines Comebacks? Derzeit spricht mehr für Ersteres.