/ Der Sprachenclash
Die Internetseite der Chamber ist, mitten in der Diskussion über das „Nation Branding“, zum Austragungsort eines „Identitätskampfes“ geworden. Seit Wochen ringen dort zwei Petitionen, mit Erfolg, um Stimmen. Die eine fordert die Einführung des Luxemburgischen als erste Amtssprache. Die zweite das Gegenteil.
Die erste wurde mit 14.702 Unterschriften Ende Oktober zur Rekordpetition. Nun hat die zweite über 4.500 Unterschriften gesammelt und somit ebenfalls das vorgesehene Quorum erreicht, damit eine Anhörung in der Chamber stattfindet. Es ist, seit Einführung der Petitionen auf der Chamber-Seite, das erste Mal, dass eine Petition und ihre Gegenpetition genug Unterschriften sammeln.
Gespaltenes Luxemburg
Dass beide solch einen Erfolg kennen, ist zwar einmalig, war aber vorherzusehen. Die Sprachendebatte wurde in den sozialen Medien in den letzten Wochen zum Dauerthema. Immer wieder kam es zu Diskussionen. Kulturschaffende, Politiker und andere bekannte Gesichter aus der luxemburgischen Gesellschaft mischten sich ein und stellten sich auf die eine oder die andere Seite.
Genau hier liegt der Knackpunkt. Wer mitdiskutierte, bezog auf Facebook fast immer Stellung. Für eine Aufwertung des Luxemburgischen durch eine Einführung als erste Amtssprache, oder eben dagegen. Ein Thema, das eigentlich harmlos klingt, wurde plötzlich zur Identitätsfrage. Wie luxemburgisch wollen wir eigentlich sein?
Die Spaltung, die durch beide Petitionen ihren Höhepunkt erreichte, war in den sozialen Medien deutlich zu beobachten. Öfters flogen die Argumente auch unter der Gürtellinie und arteten in Beleidigungen aus.
Politikum
Während die eine Seite die selbst ernannten Verteidiger der luxemburgischen Sprache öfter „populistisch“ oder „nationalistisch“ nannte, wurden die anderen regelmäßig als Gegner der luxemburgischen Sprache an sich abgestempelt. Beide Seiten verneinten die jeweiligen Vorwürfe. Um den eigentlichen Inhalt und die komplexe Umsetzung der Idee ging es nur noch am Rande.
Nun wird mit der Anhörung in der Chamber das Thema definitiv zum Politikum. Die Parteien werden sich positionieren müssen. So kurz vor den Wahlkämpfen (Gemeindewahlen 2017, Nationalwahlen 2018) könnte es hier zu Überraschungen kommen.
Vor kurzem wurde übrigens eine „neue, einmalige Form der Debatte“ in der Chamber notwendig, als es um die Türkei ging (Link). So bezeichnete Parlamentspräsident Mars di Bartolomeo sie jedenfalls. Wäre ein solches Vorgehen auch mit der Sprachendebatte denkbar?
Showdown am 16. Januar?
Ein mögliches Szenario: Beide Petitionäre treten gleichzeitig in der Chamber an. „Wir sind dabei, darüber zu diskutieren“, erklärt Marco Schank, Vorsitzender der Petitionskommission, auf Nachfrage von Tageblatt.lu. Das Datum für die erste Petition sei bereits festgelegt. Die Anhörung findet am 16. Januar 2017 um 14.00 Uhr statt. Es werde demnächst innerhalb der Kommission entschieden, wie vorgegangen wird.
Sollte die Kommission sich für das Aufeinandertreffen beider Petitionäre entscheiden, wird das öffentliche Interesse an der Debatte wohl riesig sein. Alle Augen werden auf den „Krautmaart“ und auf die Abgeordneten gerichtet sein. Die bevorstehenden Wahlen lassen grüßen.