Der innere Machtzirkel löst sich auf

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Fast zwei Jahre nach Beginn des Aufstands in Syrien wird der syrische Präsident Baschar al Assad immer stärker isoliert. Der innere Machtzirkel löst sich auf.

Während der verwundete Innenminister Mohammed al Schaar offenbar aus Angst vor einer Festnahme vorzeitig seine Klinik im Libanon verließ, kündigte der Chef der syrischen Militärpolizei Assad die Gefolgschaft. Präsident Baschar Al Assad gerät zunehmend unter Druck.

Generalmajor Abdul Asis Dschassem al Schallal erklärte in einem Video, er schließe sich der Volksrevolution an. Das Militär schütze nicht länger das Volk, sondern sei zu einer „Bande für Mord und Zerstörung“ verkommen. Der Generalmajor warf den Streitkräften vor, Städte und Dörfer zu zerstören und Massaker an Unschuldigen zu verüben. Die Rebellen meldeten derweil neue militärische Erfolge im Grenzgebiet zur Türkei.

Flucht vor der Verhaftung

Unterdessen verließ Innenminister al Schaar vorzeitig sein Krankenhaus in Beirut und flog am Mittwoch mit einem Privatjet zurück nach Damaskus, wie Mitarbeiter des Rafik-Hariri-Flughafens in der libanesischen Hauptstadt mitteilten. Al Schaar war bei einem Selbstmordanschlag am 12. Dezember verwundet worden und hatte sich im Libanon behandeln lassen.

Zuvor sei den libanesischen Behörden der Hinweis zugespielt worden, dass ein internationaler Haftbefehl gegen al Schaar wegen dessen Rolle bei der Niederschlagung der Proteste ausgestellt werden könnte, sagte ein führender Sicherheitsbeamter der Nachrichtenagentur AP. In der vergangenen Woche war im Libanon zudem immer wieder die Festnahme al Schaars wegen dessen Rolle beim Angriff syrischer Truppen auf die libanesische Stadt Tripoli im Jahr 1986 gefordert worden. Hunderte Menschen waren damals ums Leben gekommen – al Schaar gilt vielen Libanesen seit damals als der „Schlächter von Tripoli“.

Soldaten verweigern die Gefolgschaft

Seit Beginn des Aufstands gegen Assad sind bereits Dutzende Offiziere zur Opposition übergelaufen. Im Juni schloss sich mit Brigadegeneral Manaf Tlass erstmals ein Mitglied des inneren Machtzirkels Assads der Opposition an. Auch Tausende Soldaten verweigerten Assad die Gefolgschaft. Die meisten begründeten ihre Entscheidung mit Angriffen auf Zivilisten.

Den Angriffen der Regierungstruppen fielen unterdessen nach Angaben von Aktivisten in der Provinz Rakka mindestens 20 Menschen zum Opfer. Unter den Getöteten seien acht Kinder und drei Frauen, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch. Ein Amateurvideo zeigte die Leichen von mehreren Menschen, unter ihnen Kinder, in einer Reihe in einem Zimmer. Einige hatten Blut an der Kleidung, im Hintergrund war Weinen zu hören.

Militärstützpunkt angegriffen

Die Rebellen griffen den Angaben zufolge erneut den Militärstützpunkt Wadi Deif in der Provinz Idlib im Norden des Landes an. Der Stützpunkt in der Nähe der strategisch wichtigen Stadt Maaret al Numan wird sei Wochen von Regierungsgegnern belagert. Die Beobachtungsstelle erklärte, die neuerlichen Kämpfe hätten mindestens fünf Rebellen das Leben gekostet. Kampfflugzeuge hätten Stellungen der Aufständischen in der Region angegriffen.

Die Regierungstruppen haben zunehmend Schwierigkeiten, auf dem Landwege Nachschub in die Provinz Aleppo zu bringen, vor allem nach der Einnahme von Maaret al Numan durch die Rebellen im Oktober. Die Stadt liegt an der Autobahn zwischen der Hauptstadt Damaskus und Aleppo, Syriens größter Stadt.

Stadt Harem erobert

Nach Wochen schwerer Kämpfe verbuchten die Rebellen Aktivisten zufolge einen weiteren militärischen Erfolg und eroberten die Stadt Harem im Grenzgebiet zur Türkei. Mohammed Kanaan, ein Aktivist in Idlib, sagte, Harem sei vollständig befreit. Zuletzt hätten die Aufständischen die historische Zitadelle der Stadt eingenommen, die die syrischen Streitkräfte zu einem Militärstützpunkt gemacht habe.

„Harem ist sehr wichtig, weil es eine der Städte ist, die bislang dem Regime gegenüber loyal waren“, sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdul Rahman. Die Aufständischen haben inzwischen große Gebiete entlang der Grenze zur Türkei erobert, vor allem im Norden der Provinz Aleppo.