Der heimliche CIA-Drohnenkrieg

Der heimliche CIA-Drohnenkrieg
(Reuters)

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Kaum hatte die Nachricht von der Tötung Osama bin Ladens die Länder erreicht, wurde aufgeregt diskutiert, ob sie rechtens war und ob man sich darüber freuen darf. Doch was ist mit den Drohenangriffen der CIA?

Kirchenvertreter, Politiker, Talkshow-Gäste aller Couleur stritten über Barbarei, Rache, den „Verstoß gegen das Völkerrecht“ oder vertraten die Meinung, der Tod des Terroristenchefs sei eine „gute Nachricht für die ganze Welt“. Doch Moral ist an dieser Stelle offenbar teilbar: Seit der Attacke gegen bin Laden haben die USA bis Freitag (13.05.2011) schon weitere 26 Terrorverdächtige mit Drohnenangriffen getötet. Darüber aber spricht niemand.

Der Tod dieser 26 Menschen löst weder allgemeine Empörung noch Diskussionen aus. Der Kommunikationswissenschaftler Jo Groebel hat eine Erklärung für dieses Phänomen: „Bildlich gesprochen wiegt eine bekannte Persönlichkeit, die getötet wird, mehr als tausende Unbekannte.“ Bin Laden sei seit langem weltbekannt und das Symbol für den islamistischen Terrorismus schlechthin. „Er war über viele Jahre Teil einer fortlaufenden dramatischen Geschichte mit Höhepunkten, Tiefpunkten, Siegen und Niederlagen und konnte so emotionalisieren. 26 oder hundert oder tausend anonyme Tote vermögen das nicht.“
Die Mediennutzer seien daran gewöhnt, dass jeden Tag irgendwo auf der Welt etwas Schreckliches passiere, dass Menschen sterben. „Das ist für uns alle zum Alltag geworden, da gibt es einen Abstumpfungseffekt“, erläutert Groebel.

Große Empörung

Menschen und Medien bräuchten Orientierungspunkte, um Themen zu erkennen, die Aufmerksamkeit verdienen. Nur dann entstünden auch die Emotionen, die wiederum zu mehr Aufmerksamkeit führten. „Das Raster, nach dem Bürger und Medien ihre Aufmerksamkeit steuern, hat subjektive, teils unsachliche Kriterien“, erklärt der Forscher. Der Grad der Empörung sei ein direkter Reflex auf den Grad der – medialen – Aufmerksamkeit. Bin Laden hatte viel davon.

Also debattierten die vielen Demokratien aufgeregt über Fragen wie: Darf sich ein Regierungschef – darf man sich überhaupt – über die Tötung freuen? Führte die SEAL-Spezialeinheit einen Kill-Auftrag aus? Hatte bin Laden vielleicht ein Waffe in Reichweite? Im Gegensatz dazu wird ganz selbstverständlich ausgeblendet, dass jüngst über zwei Dutzend lediglich Verdächtige per Knopfdruck getötet wurden, bei Drohnenangriffen. Wobei die für solche Tötungen genutzten Hellfire-Raketen den Verdächtigen grundsätzlich keine Chance lassen, sich zu ergeben und festnehmen zu lassen.

Große Wirkung

Der Tod ohne vorherige Anklage, ohne Gerichtsverfahren und Verteidigung kommt aus der Luft. Die unbemannten Flugzeuge namens Predator oder Reaper, die Terrorverdächtige in Pakistan ins Visier nehmen, werden von der CIA in den USA per Joystick gesteuert. Wenn von ihnen aus Raketen abgefeuert werden, hören die Opfer den Tod nicht kommen. Die Hellfire-Raketen sind schneller als der Schall. Die „Washington Post“ berichtete von 118 Drohnen-Attacken und mindestens 581 getöteten Menschen allein im vergangenen Jahr. Weiter heißt es, 94 Prozent der Opfer seien untergeordnete Chargen, teils einfache Fußsoldaten. Nur 13 Getötete seien wirklich hochrangige Ziele gewesen. Und immer wieder sterben unbeteiligte Zivilisten.