Der Bauernaufstand geht weiter

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(AFP/Fred Tanneau)

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Der Bauernaufstand in Frankreich geht weiter. 50 Landwirte belagern die Präfektur in der normannischen Stadt Caen.

Die Ruhe in der französischen Landwirtschaft (Link) war nur von kurzer Dauer. Frankreichs Agrarminister unterbrach am Dienstag seine Ferien und versuchte sich als Feuerwehrmann. Der Grund: Die Schweinebörse im kleinen Städtchen Plérin nahe St. Brieuc hatte nicht geöffnet. Zwei der großen Akteure wollten an den Auktionen nicht mehr teilnehmen.

Da die beiden wichtigsten Markt-Teilnehmer an der Schweine-Versteigerung von Plérin am Dienstag nicht teilnehmen, ist die Versteigerung abgesagt worden. Bei den bretonischen Schweinezüchtern gibt es nun einen Stau von 63.000 Schweinen, die nicht verkauft wurden. Die Züchter verlangen ein Gespräch mit Premierminister Manuel Valls

Referenzmarkt für Frankreich

In Plérin verkaufen 2.250 bretonische Bauern an 13 Käufer zwei mal in der Woche ihre Schweine. Der Markt beschreibt gerade 13 Prozent des französischen Schweinemarktes. Aber: Er gilt als Referenzmarkt für ganz Frankreich.

Die Grande Nation hat ein Problem mit ihrer Landwirtschaft. Komfortabel eingerichtet, von hohen europäischen Subventionen lebend, hat sie ihre Landwirtschaft nicht auf die seit Jahren absehbare Konkurrenz in der europäischen Union ausgerichtet. Erst mit dem Ende der Milch-Subventionen wurde das Land wach, weil die Milchbauern demonstrierten. Die 30 Cents, die die Molkereien noch bezahlten, reichten kostenmäßig nicht mehr. Die Schweinezüchter schlossen sich an und auch die Rinderzüchter. Das Problem überall: Die Marktpreise sanken und decken die Kosten nicht mehr.

Regierung in der Klemme

Die französische Regierung, an die sich – wie in Frankreich bei Schwierigkeiten üblich – die Bauern wandten, befindet sich in der Klemme. Die europäischen Regeln verbieten nationale staatliche Subventionen. Die Aufhebung der europäischen Quotas – und damit der Preisverfall – waren andererseits mit Zustimmung Frankreichs erfolgt.

Agrarminister Stéphane Le Foll holte alle Beteiligten an einen Tisch und vereinbarte mit ihnen einen Mindestpreis von 1,40 Euro pro Kilogramm Schweinefleisch. Zu Beginn der Woche aber erklärten die beiden größten Verarbeiter von Schweinefleisch, Cooperl und Socopa – Bigard, dass sie an den Auktionen nicht teilnehmen würden. Der Preis von 1,40 Euro pro Kilogramm läge um 0,25 Cents über den deutschen und spanischen Preisen. Man würde daher nicht französisch kaufen. Man habe das Abkommen über den französischen Preis nicht unterzeichnet, der überdies ein politischer Preis und kein Marktpreis sei. Außerdem sei das deutsche Fleisch von besserer Qualität. Die französischen Schweinezüchter aber stehen mit dem Rücken zur Wand. Ihr Geschäft ist zyklisch und eine ganze Schweinegeneration muss jetzt auf den Markt. Die Bemerkung über die Qualität traf sie überdies ins Mark.

Hohe Kosten

Frankreichs Bauern verweisen darauf, dass ihnen zu strenge Umwelt-Auflagen gemacht würden. Sie verweisen auf die hohen Nebenkosten, unter anderem Lohn-Nebenkosten. Tatsächlich werden insbesondere bretonische Schweinzüchter für eine hohe Nitrat-Belastung des Wassers und für grüne Strände verantwortlich gemacht, die von Algen überwuchert werden.

Sie beschweren sich überdies gegen eine zu starke deutsche Konkurrenz. Deutsche Produzenten hätten geringere Kosten und würden den französischen Markt überschwemmen, seit es ein Embargo gegen Russland gebe.

Deutschland und Spanien protestieren

Die französische Regierung befindet sich noch in einer Schwierigkeit. Der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hat Paris darauf hingewiesen, dass es nicht ginge, dass französische Landwirte den Export deutscher Agrarprodukte behinderten. Schmidt wies Frankreich auf den freien Warenaustausch in der Europäischen Union hin.
Auch die spanische Regierung beschwerte sich in Paris, dass Lastwagen spanischer Transporteure mit Agrarprodukten nicht geschützt würden. Selbst Produkte, die nicht für den französischen Markt bestimmt seien, würden aus den Lastwagen von französischen Landwirten auf die Straße geworfen. Die Gendarmerie begnügt sich in der Regel damit, in solchen Situationen den Verkehr zu regeln.

Am Donnerstag früh verschärfte sich die Situtation. Die Bauern im bretonischen Département Finistère rund um die Hauptstadt Quimper. Sie gingen mit ihrem Gerät auf die Straße und verlangten ultimativ von der französischen Regierung eine Lösung für ihre wirtschaftlichen Probleme. Landwirtschaftsminister Stéphane le Foll wird seine Ferien in diesem Jahr abschreiben können. Er wird von allen Seiten angegriffen. Der Präsident der Handelskette Coop wirft der französischen Politik vor, die Landwirtschaft nicht auf die neuen Herausforderungen vorbereitet zu haben im Gegensatz zur deutschen Politik. Frankreich, einst wichtigster Exporteur von Agrarprodukten, ist seit 2007 nach und nach auf den fünften Platz abgerutscht, hinter Deutschland und Spanien.

Schwierige Aufgabe für Fernand Etgen

Aber auch für den luxemburgischen Agrarminister Etgen ist der Sommer nicht mit Ferien verbunden. Sein französischer Kollege hatte eine Sondersitzung der europäischen Landwirtschaftsminister verlangt. Sie wird am 7. September stattfinden. In Deutschland wollen dann die Milchbauern in München demonstrieren. Für Brüssel ist an diesem Tag eine große europäische Bauernkundgebung geplant. Etgen wird einen Affront zwischen Deutschland, Spanien und den Niederlanden einerseits, Frankreich andererseits vermeiden müssen, wird aber neue Subventionen oder nationale Hilfen nicht akzeptieren können.

In Frankreich haben zwei große Handelsketten – Intermarché und Leclerc – angekündigt, den Preis von 1,40 Kilogramm zahlen zu wollen. Intermarché verfügt über eigene Schlachthöfe. Beruhigt hat das die Bauern nicht.

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