Der Ball liegt bei den Arbeitgebern

Der Ball liegt bei den Arbeitgebern
(Hmontaigu)

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Sechs Monate nach der Großdemonstration von über 9.000 Beschäftigten des Luxemburger Krankenhaus-, Pflege- und Sozialwesens wurde bislang immer noch keine Einigung zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern über die Aufwertung der beruflichen Laufbahnen und die anderen für den öffentlichen Dienst ausgehandelten Punkte erzielt.

Dass eine Aufwertung der Karrieren kommen muss, bestreitet niemand. Zu sehr haben sich die Berufsbilder in dem Gesundheits-, dem Pflege- und dem sozio-edukativen Bereich in den letzten Jahren gewandelt, als dass die bisherigen Laufbahnen all den gestiegenen Anforderungen und Pflichten noch Rechnung tragen könnten.

Zudem wird in beiden Kollektivverträgen, FHL und SAS, festgehalten, dass die Beschäftigten in den beiden Berufssektoren dem öffentlichen Dienst gleichgestellt seien. Zufällig ist dies in beiden, voneinander eigentlich unabhängigen Verträgen jeweils im Artikel 28 festgehalten.

Hinzu kommt, dass die Gleichstellung der Beschäftigten des Gesundheits-, des Pflege- und des Sozialwesens auch im Abkommen der Regierung mit den Gewerkschaften OGBL, CGFP und LCGB vom 28. November 2014 ausdrücklich noch einmal unterstrichen würde.

Es geht nur sehr langsam weiter

Die Regierung und der zuständige Minister Romain Schneider haben auch zugesagt, die hierdurch entstehenden Mehrausgaben zu finanzieren. Dennoch geht es nur sehr langsam weiter. Während das letzte Gehälterabkommen beim Staat bereits 2015 umgesetzt wurde und Karriereaufwertungen sowie eine Erhöhung des Punktwertes von 2,2 Prozent und das Zahlen einer einmaligen Prämie in Höhe von 0,9 Prozent vorsah, tut sich im Gesundheits- und Pflegebereich bislang immer noch nicht viel.

Der Unmut bei den rund 12.000 Beschäftigten im SAS-Bereich („Secteur d’aides et de soins“) und den rund 9.000 Beschäftigten im Gesundheitswesen (FHL) wird umso verständlicher, als im öffentlichen Dienst inzwischen bereits ein neues Abkommen ausgehandelt worden ist, das demnächst in Kraft treten soll. Hier sind u.a. erneut eine einmalige Prämie von 1 Prozent und eine Punktwerterhöhung von 1,5 Prozent vorgesehen, die natürlich dann auch für die Bereiche FHL und SAS gelte sollen. Hinzu kommt, dass im SAS-Bereich immer noch eine Punktwerterhöhung von 1,5 Prozent aus dem Jahr 2009 aussteht.

Keine Lohnerhöhung seit 2007 bzw. 2009

Während demnach viel über Anpassungen und Punktwerte diskutiert wird, sieht die Realität ganz anders aus. Seit 2007 gab es im SAS-Sektor keine Lohnerhöhung mehr, seit 2009 keine mehr im FHL-Bereich. Die 9.000 Demonstranten vom 4. Juni vergangenen Jahres wussten, warum sie auf der Straße gegen diese Hinhaltetaktik protestierten. Jetzt, sechs Monate später, wächst ihre Ungeduld zusehends.

Nicht, dass nichts geschehen würde. Noch am Donnerstag vor Weihnachten waren die Gewerkschaften, der federführende OGBL und der LCGB, mit den in dem Dachverband Copas gruppierten Pflegeanbietern zusammen, um über den SAS-Bereich zu verhandeln. Bei dieser Gelegenheit hat der OGBL ein eigenes Modell vorgelegt, wie die Karrieren aufgewertet werden könnten. Die Arbeitgeber haben dies zur Kenntnis genommen und zugesagt, bei einer nächsten Zusammenkunft Ende Januar hierauf zu reagieren. Sollten sie mit dem OGBL-Modell einverstanden sein, oder wenigstens mit den großen Richtlinien des Modells, könnte dann weiter verhandelt werden.

Sollten sie das Modell jedoch ablehnen, könnten die Gewerkschaften sich dazu veranlasst sehen, das nationale Schlichtungsamt einzuschalten und die Schlichtungsprozedur in die Wege zu leiten. Und scheitert die Schlichtung, dann steht das Land demnächst vor einem offenen Sozialkonflikt, der sich diesmal sicher nicht auf eine Demonstration beschränken wird. Dem nächsten Treffen in Sachen SAS im Januar kommt demnach eine entscheidende Bedeutung zu.
Im Krankenhausbereich (FHL) ist man schon einen Schritt weiter.

Gesetzliche Frist ist abgelaufen

Hier ist die gesetzliche Frist für weitere Aktionen nach der Schlichtungsprozedur bereits seit dem 4. November abgelaufen. Dennoch wird auch hier weiter verhandelt. Den Arbeitgebern liegt in Sachen FHL ebenfalls ein Modell zur Aufwertung der Karrieren vor. Im Prinzip haben sie sich positiv dazu geäußert. Jetzt wollen sie berechnen, wie viel ein solches Modell kosten würde. Diese Berechnung wollen sie bei einem Treffen am 13. Januar vorlegen. Könnten sich die Arbeitgeber dazu durchringen, das Modell anzunehmen, könnten sie gemeinsam mit den Gewerkschaften dem zuständigen Minister Romain Schneider die entsprechenden Zahlen vorlegen. Der, wie gesagt, sowohl den Gewerkschaften als auch den Arbeitgebern schon zugesagt hat, die Kosten zu übernehmen, wie er dem Tageblatt gegenüber gestern noch einmal bestätigte.

Auch im FHL-Bereich wird das nächste Treffen wohl entscheidenden Charakter haben. Kommt es nicht zu einer Einigung, dürften die Gewerkschaften die Schlichtungsprozedur definitiv als gescheitert erklären und sich weitere gewerkschaftliche Aktionen vorbehalten.

Vom Tageblatt befragt, liegt für die zuständige Verhandlungssekretärin Nora Back vom OGBL der Ball klar bei den Arbeitgebern. Wie auch immer es weitergehen wird: Die Beschäftigten in den Bereichen SAS und FHL werden nicht mehr nachgeben.

Die Großdemonstration vom 4. Juni vergangenen Jahres hat gezeigt, dass sie, die stets im Dienste der Allgemeinheit arbeiten, bereit sind, die Aufwertung ihrer Laufbahnen und die Anpassung ihrer Löhne gegebenenfalls zu erkämpfen.