Demontage einer Einigung

Demontage einer Einigung
(Tageblatt/Fabrizio Pizzolante)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der Streit um den Beitrag der Sekundarlehrer zu der Konsolidierung der Staatsfinanzen schien Anfang Mai endlich beigelegt. Doch der Kompromiss bröckelt.

Die Gewerkschaften Féduse, Apess und SEW lehnen die Einigung (Link) nun doch ab und rufen alle Lehrer dazu auf, gegen den Kompromiss zu stimmen. Auslöser ist das Besprechungsprotokoll zwischen beiden Parteien. Laut Lehrergewerkschaften sei dieses fehlerhaft und bevorteile das Bildungsministerium. Claude Meisch zeigt sich von diesem Vorwurf äußerst erstaunt und dementiert jegliche Ungereimtheiten.

Beim vierten und letzten Gespräch im Schlichtungsverfahren Anfang Mai wurde sich nach schwierigen Gesprächen auf einen Vorschlag für ein Abkommen geeinigt. Dieser Kompromiss stand allerdings von Anfang an auf wackeligen Beinen, weil das Abkommen auf Wunsch der Gewerkschaften nächste Woche von sämtlichen Sekundarlehrern des Landes absegnet werden muss. Sollte es eine Mehrheit für das Abkommen geben, werden die Gewerkschaften dieses definitiv unterschreiben. In diesem Fall gilt der Beschluss für zwei Jahre und wird dann nochmals überprüft. Wenn die Lehrer allerdings gegen das Abkommen stimmen, gilt die Schlichtung zwischen den Gewerkschaften und dem Bildungsminister als gescheitert. Momentan muss man vom zweiten Szenario ausgehen.

„Fehlerhaftes Besprechungsprotokoll“

Am Mittwoch riefen Féduse, Apess und SEW bei einer Informationsveranstaltung vor 150 Sekundarlehrern dazu auf, gegen das Abkommen zwischen Claude Meisch und den Gewerkschaften zu stimmen. Der Grund hierfür ist das Besprechungsprotokoll, das den Kompromiss beim Schlichter festhält. Laut Jules Barthel vom SEW ist dieses „fehlerhaft und spiegelt nur die Interessen des Bildungsministers wider. Hier wurde beim Schlichter in unserer Abwesenheit einfach das Arbeitspapier des Ministers abgeschrieben. Deshalb stehen einige Punkte in diesem Besprechungsprotokoll, bei denen es überhaupt keine Einigung gab.“ Ein konkretes Beispiel sei die „summer school“. Hier sollen die Lehrer bereits ab Anfang September die Schüler, die ein Nachexamen haben, unterstützen. Laut SEW gab es eine solche Einigung nie. Aus diesem Grund bleibe den Gewerkschaften nichts anderes übrig, als sich von dem Kompromiss zu distanzieren und die Sekundarlehrer dazu aufzurufen, gegen die Einigung zu stimmen.

Außerdem habe das Ministerium die entsprechenden Abänderungsanträge der Gewerkschaften abgelehnt. Claude Meisch sieht dies ganz anders. Laut dem Bildungsminister entspricht das Besprechungsprotokoll der vereinbarten Einigung. Es habe zwar im Nachhinein Abänderungsanträge der Gewerkschaften gegeben, allerdings hätten diese nur Punkte betroffen, welche entweder gar nicht besprochen wurden oder zu denen es keine Einigung gab.

„(G)leewen deenen näischt méi“

Den Vorwurf des SEW, der Minister habe die Gewerkschafter beim letzten Schlichtungsgespräch zu einer Einigung gedrängt, lässt der DP-Politiker nicht gelten: „Ech hu keen ënner Drock gesat oder manipuléiert an ech stoung och net mam Gewier do. Ech gleewen deenen (den Gewerkschaften, Anm. d. Red.) näischt méi.“ Diese Aussage verdeutlicht, wie schlecht es um das Vertrauensverhältnis zwischen dem Minister und den Gewerkschaften steht.

Eine zukünftige Zusammenarbeit dürfte sich unter diesen Umständen äußerst schwierig gestalten. Claude Meisch wirft letztlich die Frage auf, „ob 4.500 Sekundarlehrer sich von solchen Gewerkschaftern repräsentieren lassen wollen? Bereits zweimal gab es eine Einigung. Einmal mit der Féduse und dann noch einmal vor einem Monat mit den drei Gewerkschaften. Aus unerklärlichen Gründen wird dann immer wieder alles abgesagt.“

Sollte es bei der Abstimmung zu einer Ablehnung der Einigung kommen, werden sich der Minister und die Gewerkschaften vor dem Ombudsmann wiedersehen. Sollte es dort keinen Kompromiss geben, werden die Lehrergewerkschaften wohl zu einem Streik aufrufen.

Lesen Sie auch:

Man ist sich fast einig

Endloses Schmierentheater