Demonstrationen gegen Mursi

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Nach einer blutigen Woche gehen in Ägypten landesweit Menschen gegen die islamistische Regierung auf die Straße. Sie fordern, dass Präsident Mursi die Notstandsmaßnahmen beendet und abtritt.

Begleitet von Appellen zum Gewaltverzicht sind in Ägypten Zehntausende Menschen gegen die islamistische Regierung von Präsident Mohammed Mursi auf die Straße gegangen. Demonstranten forderten unter anderem den Rücktritt Mursis, einen Sturz seines Regimes sowie ein Ende des ausgerufenen 30-tägigen Notstandes am Suez-Kanal. Die Wut von Demonstranten richtete sich auch gegen die islamistische Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt. Oppositionsführer hatten die Menschen aufgerufen, bei ihren Protesten friedlich zu bleiben.

In Kairo gab es Protestmärsche in der ganzen Stadt, die zum zentralen Tahrir-Platz oder zum Präsidentenpalast führten. Großdemonstrationen wurden trotz stürmischen Wetters auch in den Städten Alexandria, Port Said und der Industriestadt Mahalla al-Kubra veranstaltet.

Zunächst blieb es weitgehend friedlich. In der Nähe des Tahrir-Platzes gab es nach Angaben des Fernsehsenders Al-Arabija am Nachmittag jedoch erste Verletzte. Sie seien von Geschossen getroffen worden, hieß es. Einzelheiten waren zunächst unklar. Am Nachmittag sollen auch Brandsätze auf die Mauer des Amtsitzes von Mohammed Mursi geworfen worden sein, hieß es.

In Alexandria forderten Tausende Aktivisten in der Innenstadt die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit, während ein Sturm die Proteste in Staubwolken versinken ließ. In Mahalla al-Kubra verlangten die Demonstranten, dass der derzeit geltende 30-tägige Notstand am Suez-Kanal aufgehoben wird. Selbst in Sagasig, dem Heimatbezirk des Präsidenten, gingen Hunderte wütende Demonstranten gegen die Muslimbruderschaft auf die Straße.

In Port Said, wo am vergangenen Wochenende Dutzende Menschen bei Krawallen gestorben sind, protestierten schon am Mittag Tausende Menschen. Bei strömendem Regen forderten sie den „Sturz des Regimes“ und Mursi zum Rückzug auf. „Wir wollen Port Said befreien“, riefen sie mit Blick auf die Ausnahmeregelungen, die der Präsident nach den tödlichen Ausschreitungen über ihre sowie zwei weitere Städte am Suez-Kanal verhängt hat.

Tod im Stadion

Die Demonstranten gedachten zugleich der Opfer der Fußball-Katastrophe in der Stadt – vor genau einem Jahr am 1. Februar 2012. Damals hatten nach Abpfiff im Stadion Fans der Heimmannschaft Al-Masri das Spielfeld gestürmt und waren mit Brechstangen, Messern und Schusswaffen auf die Unterstützer des rivalisierenden Al-Ahli-Klubs losgegangen. 74 Menschen starben. Ein Richterspruch mit 21 Todesstrafen gegen Fans aus Port Said waren wiederum der Anlass für die jüngsten tödlichen Ausschreitungen.

Das Gesundheitsministerium gab derweil weitere Zahlen über die Opfer bekannt. Demnach sind seit dem zweiten Jahrestag der Revolution, am Freitag vor einer Woche, rund 60 Menschen bei Krawallen ums Leben gekommen.

Oppositionsführer riefen die Ägypter auf, um jeden Preis friedlich zu bleiben. Nobelpreisträger Mohammed ElBaradei mahnte über den Kurzmitteilungsdienst Twitter: „Wir haben das Mubarak-Regime mit einer friedlichen Revolution gestürzt und bestehen darauf, unsere Ziele auf dieselbe Art zu erreichen.“

Gewaltverzicht

Am Donnerstag hatten sich Vertreter sämtlicher politischer und religiöser Gruppen auf einen Gewaltverzicht sowie auf einen Dialog zur Lösung der politischen Krise geeinigt.

Die Staatsanwaltschaft ordnete derweil die Inhaftierung von drei mutmaßlichen Mitgliedern der Anarchistenbewegung «Schwarzer Block» an. Wie das staatliche Nachrichtenportal „Al-Ahram“ berichtete, hatte die Polizei bei den drei Männern, die in Kairo gemeinsam auf einem Motorrad unterwegs gewesen waren, ein Schrotgewehr gefunden.

Das Auswärtige Amt riet deutschen Urlaubern zur Achtsamkeit. „Für Freitag, den 01. Februar 2013, ist mit weiteren (auch gewalttätigen) Demonstrationen zu rechnen“, hieß es auf der Internetseite des Ministeriums. Menschenansammlungen und Demonstrationen sollten weiträumig gemieden werden.