„Dee ganzen Opwand nëmme wéinst engem Hond“

„Dee ganzen Opwand nëmme wéinst engem Hond“

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Eigentlich hätte dieser Fall, der am Dienstag vor dem Diekircher Polizeigericht behandelt wurde, vor das Strafgericht gehört. Ein Jäger erschießt im Juli 2016 einen fremden Hund und „entsorgt“ den leblosen Vierbeiner einen Kilometer weiter in einem dichten Gestrüpp. Das Hundehalsband mit der Anschrift des Eigentümers lässt er ebenfalls verschwinden.

„Das Gras hat gewackelt und dann habe ich mich dazu verleiten lassen, zu schießen“, so die Zusammenfassung der Aussagen von Jean O. aus Luxemburg. Er habe geglaubt, es sei ein Wildschwein, das sich dort aufhalte. Als er gemerkt hätte, dass es sich bei dem erlegten Tier um einen Hund handelte, sei er „in Panik geraten“ und hätte das Tier in seinen Wagen geladen, um es einen Kilometer weiter in einem Gebüsch „abzulegen“. Dass er das Halsband entfernt hätte, daran konnte sich der Angeklagte weder bei der Polizei noch gestern vor Gericht erinnern.

Jägerföderation distanziert sich

Ziemlich überraschend meldete sich vor Gericht ein Anwalt zu Wort, der angab, die Interessen der Luxemburger Jagdföderation in diese Sache zu vertreten. Ein solches Vorgehen, wie es Jean O. an den Tag gelegt hätte, würde alle 2000 Mitglieder des Verbandes der Jäger beschmutzen. Der Anwalt forderte den symbolischen Euro als moralischen Schaden und 250 Euro an Prozesskosten ein.

Es ist das erste Mal, dass sich dieser Verband auf diese Art und Weise zu Wort meldet und ein solches Vorgehen an den Pranger stellt. Auf die spätere Frage an den Anwalt, wie es zu dieser Intervention kam, gab er dem Tageblatt gegenüber zu verstehen, dass sich die Föderation schützend vor die Mitglieder stellen möchte, die sich bei der Ausübung der Jagd nichts zuschulden kommen lassen. Man distanziere sich gerne nach außen hin klar und deutlich von Jägern wie Jean O. Der Angeklagte ist kein Mitglied im Verband.

Zwei Schüsse

Balou, so hieß der zweieinhalbjährige Australian Shepherd, war in der näheren Umgebung des Tatortes ausgebüchst, doch die Besitzerin und ihre Kinder waren gleich auf die Suche gegangen und riefen nach ihrem Hund, als sie zwei Schüsse hörten.

Vom Hund gab es an dem Tag keine Spur mehr und am Folgetag sichteten Freunde der Familie, die sich an der Suche beteiligten, eine Stelle mit Blutflecken und Hundehaaren. „Letztere stammten eindeutig von Balou“, so eine Zeugin am Dienstag vor dem Kadi.

Waschbär

Daraufhin wurde die Polizei alarmiert. Eine Zeugin hatte ebenfalls noch einen Wagen bemerkt, der später als das Fahrzeug identifiziert werden konnte, das auf den Namen der Frau des Angeklagten angemeldet war. Bei der ersten Vernehmung des Angeklagten gab dieser zuerst zu verstehen, er sei wohl an jenem 9. Juli auf der Jagd im besagten Wald nahe der Ortschaft Nagem gewesen, habe auch geschossen, jedoch auf einen Waschbären.

Als man später den erwähnten Wagen auf Blutspuren untersuchte und auch fündig wurde, gab der Jäger zu Protokoll, er habe ein Wildschwein geschossen und abtransportiert. Erst als die Polizei die Staatsanwaltschaft und auch die Spurensicherung einschalten wollte, sagte der Angeklagte: „Komm mir soen einfach, ech wier et gewiecht.“ Später führte er die Polizisten zu dem Ort, wo er den Hund „entsorgt“ hatte. Bei seiner Vernehmung ließ er u.a. den Satz „Dee ganzen Opwand nëmme wéinst engem Hond“ vom Stapel.

Sofort geballert

Jean O. gab denn auch gestern zu, er habe ein Geräusch gehört und Bewegungen im Gras gesehen und hätte gleich geschossen, in der Annahme, es sei ein Wildschwein. Dies wollte ihm der Vertreter der Staatsanwaltschaft aber nicht abnehmen. Er hätte auf 10 bis 15 Meter vom Tier entfernt auf einem Hochsitz gesessen und er hätte bei den guten Sichtverhältnissen, die zu dem Zeitpunkt herrschten, sehr wohl sehen müssen, dass es sich um einen Hund und nicht um ein Wild handelte.

Auf die Frage, warum er das Tier habe verschwinden lassen wollen, obschon er die Anschrift bzw. die Telefonnummer des Besitzers auf dem Halsband fand, gab er zu verstehen, er sei in Panik geraten. Ob dies nicht etwa mit der Tatsache zu tun hätte, dass er bereits einmal einen Hund erschossen hätte, wie er das selbst bei der polizeilichen Vernehmung sagte, meinte der Angeklagte gestern nur kurz, dies sei lediglich eine Schutzbehauptung seinerseits gewesen.

Skrupelloses Vorgehen

Der Anwalt der Klägerin, Me Dan Baulisch, warf dem Angeklagten „skrupeloses Vorgehen“ vor. In seiner Laufbahn hätte er noch nie „eng sou ruckelzech Affär“ gehabt. Der Angeklagte habe keine einzige der Regeln beim Jagen befolgt. Er habe geschossen, ohne das Ziel richtig erkannt zu haben. Er hätte so auch ein Kind erschießen können. Er hoffe nur, dass der Angeklagte so bald nicht mehr auf die Jagd gehen darf und forderte einen moralischen Schadensersatz für die drei Kinder der Hundebesitzerin über 2.500 Euro.

Der Verteidiger des Angeklagten, Me Claude Speicher, holte weit aus und sprach von „vielen Jagdunfällen“, von denen man jedes Jahr Kenntnis nehmen müsste. Sein Mandant, der noch ein sauberes Strafregister vorweisen könne, hätte sicherlich einen gravierenden Fehler gemacht, doch er hätte diesen Hund bestimmt nicht mit Absicht erschossen.

Für den Vertreter der Staatsanwaltschaft war der Fall klar. Jean O. habe gegen die elementarsten Regeln verstoßen und habe zudem noch versucht, seine Tat zu vertuschen und die Polizei später in die Irre zu führen. Er beantragte eine Geldstrafe über zweimal 250 Euro (das Maximum für solche Fälle vor dem Friedensgericht) und die Beschlagnahmung der Waffe.

Das Urteil wird am 24. Februar gesprochen.