Das Sprachrohr der Unternehmen

Das Sprachrohr der Unternehmen
(Hmontaigu)

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Am heutigen Freitag feiert die Luxemburger „Chambre de commerce“ in der Luxexpo ihren 175. Geburtstag. Carlo Thelen, Generaldirektor der Handelskammer, stand dem Tageblatt Rede und Antwort.

Tageblatt: Warum wurde die Handelskammer gegründet, was sind ihre Ziele und Aufgaben? Und wie haben sich diese entwickelt?
Carlo Thelen: Gleich nach der Unabhängigkeit Luxemburgs wünschte sich der damalige Großherzog ein Sprachrohr für die Unternehmen. Er wusste, dass das wichtig sein würde für die erfolgreiche sozio-ökonomische Entwicklung des Landes. Er wollte eine wirtschaftspolitische Beratung. So kam es, dass die Handelskammer noch zwei Wochen vor dem „Conseil d’Etat“ gegründet wurde.
Vom ersten Präsidenten der Kammer, Fernand Pescatore, wollte Großherzog Guillaume II. wissen, ob Luxemburg dem Zollverein beitreten solle – oder ob das Land etwas mit Belgien und den Niederlanden machen solle. Auf Ratschlag der Kammer fiel dann die Entscheidung für den Zollverein.
Auch heute ist es immer noch unsere Rolle, bei großen Entscheidungen Partner von Regierung und Unternehmen zu sein. Dabei versuchen wir immer, langfristig und im Sinne der Gesamtinteressen der Wirtschaft zu handeln. Wir setzen uns für gute Rahmenbedingungen für die Firmen des Landes ein. Wir treten nicht für die kurzfristigen Interessen eines spezifischen Sektors ein, es sei denn, dies hätte keine Nachteile für andere Wirtschaftszweige. Für Firmen bieten wir zudem eine Reihe Dienstleistungen an.

Ist die Handelskammer eine Lobby oder ein offizieller Berater der Regierung? Ist sie staatlich oder unabhängig?
Ich würde sagen, die Kammer ist ein unabhängiger institutioneller Lobbyist, welcher der Regierung beratend zur Seite steht. Sie verteidigt die Interessen ihrer Mitglieder. Dabei bleiben wir kritisch-konstruktiv. Wir schlagen Lösungen vor. Wir sind die Verbindung zwischen Unternehmen und Regierung. Wir sind ein „établissement public“, aber wir sind politisch unabhängig und finanziell autonom.

Dabei war die Handelskammer anfangs doch ein voller Bestandteil des Staates …
Ja, anfangs wurden die Mitglieder vom Großherzog (bzw. den regierenden Politikern) ernannt. Das wurde im Jahr 1924 geändert. Seitdem werden die Mitglieder ganz demokratisch von den Betrieben gewählt.

Wie finanziert sich die „Chambre de commerce“?
Die „Chambre de commerce“ finanziert sich exklusiv über die Beiträge ihrer Mitglieder und über Dienstleistungen, die wir ihnen verkaufen. Wenn wir aber jemanden kritisieren, dann sind wir glaubwürdiger, wenn wir nicht von dem finanziert werden. Dass wir uns selbst finanzieren, unterstreicht unsere Unabhängigkeit. Wir wirtschaften und sind organisiert wie ein Privatbetrieb.

Die Handelskammer hat sich in den letzten Jahren zu einer Art Unternehmensgruppe entwickelt …
Wir greifen ein, wenn es der Wirtschaft hilft und es sonst niemanden interessiert – etwa wenn ein Projekt nicht direkt rentabel ist. Oder wenn wir vom Staat gefragt werden und uns die Initiative sinnvoll für unsere Mitglieder erscheint.

Woran ist die Kammer beteiligt?
Bei Luxembourg for Finance, Luxembourg for Business and Innovation und Luxembourg for Tourism beispielsweise sind wir Gründungsmitglieder. Auch das GIE Luxinnovation haben wir mitgegründet. Weitere GIEs hatten wir zum Beispiel zur Weltausstellung in Schanghai gegründet.

Und die Luxexpo?
Das war eine extrem schwierige Situation. Die Messehallen waren renovierungsbedürftig. Die Firma war aber nur Betreiber, ihr gehörten die Hallen nicht. Ein privates Unternehmen hätte gezögert, solche Investitionskosten zu tragen. Die Wirtschaft braucht aber Messehallen. Laut einer Studie generieren sie rund 100 Millionen Euro im Jahr für andere Sektoren (Hotels und Restaurants beispielsweise).
Wir sind nicht in die Luxexpo eingestiegen, weil wir uns Hoffnungen auf Gewinnperspektiven gemacht haben. Wir haben es im Sinne der Gesamtinteressen der Wirtschaft gemacht.
Im gleichen Sinne haben wir auch die rezente Gründung des ISEC („Institut supérieur de l’économie“) entschieden. Unsere Mitglieder wünschten sich einen Ausbau des Angebots an Weiterbildungen. Vorrangiges Ziel ist nicht, Geld zu verdienen, sondern, der wirtschaftlichen Entwicklung zu dienen.

Erwirtschaften all diese Projekte eine finanzielle Rendite?
Unser Ziel ist nicht eine Maximierung des finanziellen Gewinns. Solche Investitionen werden von unserer Plenarversammlung entschieden, im direkten oder längerfristigen Interesse der Unternehmen. Unser Ziel ist es, mitreden zu können und beispielsweise die Ausbildung zu fördern. Was wir wollen, ist ein „Return on Investment“ für unsere Mitglieder.

Das gesamte Interview finden Sie in der Freitagsausgabe (30.9.2016) des Tageblatt.