/ Das Pfund als Trumpf
Erst hat die Regierung von Premierminister David Cameron die Unabhängigkeitsbewegung in Schottland völlig unterschätzt. Dann hat sie versucht, mit überzogenen Drohgebärden das Terrain wieder für sich zu gewinnen – in dieser Beurteilung sind sich politische Analysten in London einig. In Westminster wurde vor dem Referendum über Schottlands Abspaltung am 18. September immer größere Nervosität spürbar über Camerons Taktik in der Schottland-Politik. Allen ist klar: Wenn Schottland sich abwendet, hat Großbritannien ein massives Problem, nicht nur wirtschaftlich.
Am Dienstagabend dann die Überraschung: Beim Fernsehduell zwischen dem als wortgewandt und schlitzohrig eingestuften schottischen Ministerpräsidenten Alex Salmond und dem eher schulmeisterlich auftretenden pro-britischen Labour-Politiker Alistair Darling biss Salmond auf Granit. 21 Mal stellte er seinem Gegenüber einer BBC-Zählung zufolge die Frage, ob er glaube, Schottland könne alleine bestehen. 21 Mal kam keine Antwort. Die Befürworter konnten nach Meinung der meisten politischen Analysten kaum Boden gutmachen.
Währungsfrage
Im Gegenteil: Eine erste Blitzumfrage des Instituts ICM unter 500 Schotten sah den zuvor von Kritikern aus den eigenen Reihen als „komatös“ titulierten Darling sogar mit 56 Prozent zu 44 Prozent Zustimmung vorn. Sechs Wochen vor einer der wichtigsten Abstimmungen im modernen Großbritannien scheint ein Erfolg der Unabhängigkeitsbewegung eher unwahrscheinlich. Eine vor dem Rededuell veröffentlichte Umfrage sah die Befürworter um 14 Prozentpunkte hinter den Anhängern eines Großbritanniens im bisherigen Zuschnitt. „Ein ungewöhnlich mutiger Alistair Darling war stärker in der Währungsfrage“, sagte etwa der schottische Wirtschaftsprofessor David Bell von der Universität Stirling.
Die vielgescholtene Taktik in Westminster könnte aufgehen. Finanzminister George Osborne drohte den Schotten in einer finanzpolitisch höchst umstrittenen Volte an, sie dürften nach einem Unabhängigkeitsvotum nicht länger das britische Pfund benutzen. Ex-Finanzminister Darling, der noch vor einem Jahr erklärte, die Weiterführung des Pfund Sterlings als schottische Währung sei „logisch und erstrebenswert“, schließt sich inzwischen der Linie seines Nachfolgers als britischer Finanzminister an. Beim Rede-Poker während des Fernsehduells machte Darling die Währungsfrage zu seinem stärksten Trumpf.
Der Euro
Und der stach. Salmond hatte trotz monatelanger Vorbereitungszeit keine überzeugende Antwort parat. Auf die mehrfach gestellte Frage Darlings, mit welcher Währung denn die Schotten im Falle ihrer Unabhängigkeit bezahlen wollten, musste Salmond ausweichen. Argumentativ sitzt er in der Klemme: Die Einführung des Euro, ehemals von der Schottischen Nationalpartei als Option gehandelt, gilt in ganz Großbritannien als so unpopulär, dass sie in einem Wahlkampf von der Gegenseite zerpflückt würde. Und die Weiterführung des Pfundes ohne Währungsunion mit dem Rest Großbritanniens ist ein Wagnis. „So wie Panama und Ecuador den US-Dollar nutzen“, führte Darling aus.
Eine Währungsunion aber – der Euroraum führt es eindrücklich vor – kann nach Meinung von Experten nur funktionieren, wenn er von einer politischen Union begleitet wird. Auch der britische Zentralbankchef Mark Carney hat bereits davor gewarnt, die politische Bindung aufzugeben, die fiskalische aber beibehalten zu wollen. „Eine Währungsunion würde wohl das Abgeben nationaler Souveränität notwendig machen.“ Das ist genau das, was die Schotten eigentlich zurückgewinnen wollen. Und die Briten niemals abzugeben bereit wären.
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